Ohne Claude Nobs würde es das Montreux Jazzfestival in der heutigen Form nicht geben. Foto: Studio Edouard Curchod

Ein Mann und seine Mission

Das Jazzfestival in Montreux gehört zu den bekanntesten Musikevents der Welt. Möglich gemacht hat das in erster Linie ein Mann: Claude Nobs.

Andrej Abplanalp

Andrej Abplanalp

Historiker und Kommunikations-Chef des Schweizerischen Nationalmuseums.

Fast jeder Gitarrenschüler beginnt seine erste Stunde mit «Smoke on the Water» der englischen Rockband Deep Purple. Der Song gehört wegen seiner einfachen und eingängigen Akkordfolge zu den bekanntesten Liedern der Welt und lässt Junggitarristen von einer grossen Karriere träumen. Weniger bekannt ist, dass Deep Purple den Hit in Montreux geschrieben haben. Während eines Konzerts von Frank Zappa brach am 4. Dezember 1971 im Casino Montreux ein Brand aus. Zu dieser Zeit weilten auch Deep Purple am Genfersee. Sie wollten in eben diesem Casino ihr neues Album «Machine Head» aufnehmen und hatten dafür ein mobiles Studio von den Rolling Stones gemietet. Die englischen Rocker wurden Augenzeugen des Brandes und verewigten ihre Erfahrung im Song «Smoke on the Water». Im Text spielt auch ein gewisser Funky Claude eine Rolle:

Funky Claude was running in and out
Pulling kids out the ground

Damit war Claude Nobs gemeint. Der Gründer des Jazzfestivals zog Zuschauer aus dem brennenden Saal und rettete, was noch zu retten war. Trotzdem brannte das Casino bis auf die Grundmauern nieder. Deep Purple standen mit einem Studio, aber ohne Lokalität da. Nobs organisierte ihnen ein leerstehendes Hotel als Aufnahmeort und drei Wochen später war das neue Album fertig. Inklusive des Welthits «Smoke on the Water», welcher die Geschichte des Brands und der Aufnahmen der neuen Platte erzählte.

We all came out to Montreux
On the Lake Geneva shoreline
To make records with a mobile
We didn’t have much time
Frank Zappa and the Mothers
Were at the best place around
But some stupid with a flare gun
Burned the place to the ground

Smoke on the water, a fire in the sky
Smoke on the water

They burned down the gambling house
It died with an awful sound
Funky Claude was running in and out
Pulling kids out the ground
When it all was over
We had to find another place
But Swiss time was running out
It seemed that we would lose the race

Smoke on the water, a fire in the sky
Smoke on the water

We ended up at the Grand Hotel
It was empty, cold and bare
But with the Rolling truck Stones thing just outside
Making our music there
With a few red lights, a few old beds
We made a place to sweat
No matter what we get out of this
I know, I know we’ll never forget

Smoke on the water, a fire in the sky
Smoke on the water*

Claude Nobs und Jean-Paul Marquis beim Brand des Casinos in Montreux, 1971. Foto: Alain Bettex

Bei ihrem Auftritt am Montreux Jazzfestival 2006 spielten Deep Purple natürlich auch das legendäre «Smoke on the Water».

Claude Nobs – Freund der Musiker

Die Geschichte von «Smoke on the Water» illustriert, wie das Jazzfestival von Montreux während der letzten Jahrzehnte unzählige Superstars an den Genfersee locken konnte. Vieles hatte mit Claude Nobs zu tun. Der exzentrische Festivalleiter hatte den Event 1967 gemeinsam mit zwei weiteren Personen gegründet. Damals war Nobs noch stellvertretender Direktor beim Fremdenverkehrsbüro von Montreux und wollte die Region rund um das Städtchen am Genfersee beleben. Das Jazzfestival entwickelte sich jedoch schnell zu mehr als einem touristischen Magnet und Nobs kümmerte sich immer intensiver um die musikalischen Leitplanken. Und genau dies tat er perfekt. Die weltbekannten Musiker fühlten sich in Montreux pudelwohl und kamen in Scharen. Und Funky Claude wusste immer ganz genau, was die Stars brauchten. Der eine wollte einen gelben Ferrari am Flughafen, der andere eine Tour auf einem Fischerboot. Claude Nobs machte es möglich und erfüllte den immer klingenderen Namen jeden Wunsch.

Sein Netzwerk in der Musikbranche wuchs mit jedem Jahr und bereits in den 1970er-Jahren war der Name Claude Nobs im internationalen Musikbusiness bekannt. Auch beim Neubau des Casinos mischte Nobs mit und so kam es, dass im Keller des Gebäudes ein Aufnahmestudio für Musiker eingebaut wurde. Das Mountain Studio wurde schnell zu einer der besten Adressen, um neue Songs einzuspielen. Grössen wie AC/DC, David Bowie, die Rolling Stones oder Queen nahmen hier auf. Die Engländer um Freddie Mercury verliebten sich sofort in das Studio und kauften es 1978. Montreux war definitiv zum Musikmekka geworden. Vor allem dank dem nimmermüden Claude Nobs.

* Smoke On The Water, Music &Lyrics by Ritchie Blackmore, Ian Gillan, Roger Glover, Jon Lord & Ian Paice, © B Feldman & Co Ltd, mit freundlicher Genehmigung der EMI Music Publishing Germany GmbH

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Impressionen aus 50 Jahren Festivalgeschichte. Fotos: Philippe Dutoit, Claude Nobs Archives (2), Schweizerisches Nationalmuseum / ASL, Lionel Flusin

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