Eine Gruppe von Infanteristen mit dem von Charles L’Eplattenier entworfenen Stahlhelm, um 1917. Foto: Schweizerisches Bundesarchiv

Stahlhelm auf!

In den 1. Weltkrieg rückten die Soldaten zum Teil noch mit Mützen ein. Schnell merkte man, dass nur Stahlhelme die Köpfe vor Splitterverletzungen schützen konnten.

Jürg Burlet

Jürg Burlet

Kurator für Fahnen und Uniformen im Schweizerischen Nationalmuseum.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich im Kriegswesen eine Entwicklung in Bewegung, welche die Zerstörungskraft von Waffen und Sprengstoff ins Unermessliche steigerte. Die Kampftaktik, aber vor allem die Ausrüstung der Soldaten, hinkte dieser Entwicklung stets nach. Noch 1914 rückte man mit farbigen Uniformen, glänzenden Helmen oder Tschakos, einer Kopfbedeckung aus Filz und Leder, in den Krieg ein. In der Hoffnung und im Glauben, es handle sich um einen herkömmlichen und kurzen Krieg, wurde dem physischen Schutz der Soldaten wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Es kam anders, nämlich zu Materialschlachten von noch nie dagewesenem Ausmass und zum Grabenkrieg. Bereits in den ersten Tagen des Krieges erfuhren die Kriegsparteien am eigenen Leib, welche verheerende Wirkung der Dauerbeschuss mit Splitter- und Schrapnellgranaten hatte. Rund 80 Prozent der Verwundungen waren auf Artilleriefeuer zurückzuführen, ein Viertel davon auf Kopfverletzungen mit meist tödlichem Ausgang.

Hirnpfanne und Tellerhelm

Frankreich reagierte zuerst und konstruierte die «Hirnpfanne», welche die Soldaten unter der Mütze trugen. Die Kopfverletzungen reduzierten sich um 60 Prozent. Darauf folgte die Entwicklung des bekannten Adrian-Helmes. Die Briten entwickelten ebenfalls einen einfachen «Tellerhelm» aus dickem Manganstahl, der ab November 1915 an die Truppe ging. Auf deutscher Seite entwickelte die Abteilung von General Hans Gaede einen Kopfschutz aus einer zwei Kilogramm schweren Stahlplatte, welche auf eine Lederkappe montiert wurde und als Gaede-Helm in die Geschichte einging. Zwei deutsche Ingenieure entwickelten ein Stahlhelmmodell aus vergütetem Chrom-Nickel-Stahl mit Augen- und Nackenschutz, welches mit 30 000 Exemplaren im Februar 1916 erstmals ausgeliefert werden konnte. Dieser Helm war bezüglich Schutzwirkung der effektivste aller bis dahin bekannten Arten des Kopfschutzes.

Mit Gaede-Helm ausgerüstete Soldaten, 1915. Foto: reddit.com

Und die Schweiz?

In der Schweiz verfolgten die Armeeverantwortlichen die Entwicklung an den Fronten mit Interesse. Die hohen Verluste durch Splitterverletzungen waren bekannt. Schon früh machte man sich Gedanken über einen wirksamen Schutz. Man wandte sich an den Neuenburger Künstler Charles L’Eplattenier, einem bekannten Schweizer Maler und Architekten. Er schuf eine Serie von Prototypen – alle nach künstlerischen Aspekten entworfen. Ein 700 Gramm schweres Modell in zwei Varianten und verschiedenen Färbungen ging in eine Kleinserie von 100 Stück zu Versuchszwecken an die Truppe. Allerdings fielen Beschussversuche unbefriedigend aus und als die benötigten 350 Tonnen Nickelstahlblech aus dem Ausland eintrafen, zeigte sich, dass sich die stark gerundeten Formen des Helms nicht industriell herstellen liessen.

Prototyp des Stahlhelms Modell 17 von Charels L'Eplattenier, um 1917. Foto: Schweizerisches Nationalmuseum

Ein Soldat trägt den Stahlhelm Modell 1917 mit Splitterschutz. Bild: Schweizerisches Bundesarchiv

Nach einer unschönen Debatte mit gegenseitigen Vorwürfen entwarf ein anderes Team ein weiteres Modell. Der neue Helm wurde am 12. Februar 1918 als Modell «M 18» offiziell eingeführt. Er war olivgrün gespritzt und hatte eine glatte Oberfläche. Doch bald zeigten sich auch bei diesem Modell Mängel: In mondhellen Nächten war der Helm auf 300 Schritte zu erkennen und regennasse Helme glänzten im Sonnenlicht. Zudem war beim Reiten und Radfahren durch den Luftzug ein Rauschen und Pfeifen zu hören und bei kalter Witterung entstand ein unangenehmer Durchzug, so dass die Soldaten die Luftlöcher zustopfen oder eine Mütze unter dem Helm tragen mussten. 1943 wurde die glatte, olivgrüne Oberfläche mit einer rauen Beschichtung aus anthrazitfarbenem Sägemehl und Leim versehen, welche zur besseren Tarnung beitragen sollte.

Auf Stahl folgt Kevlar

Da der Helm noch weitere Mängel hatte – er sass nicht optimal auf dem Kopf und musste beim Schiessen verkehrt herum angezogen werden, damit man richtig zielen konnte – arbeitete die Armee bereits in den 1960er-Jahren an einem neuen Modell. Dieses wurde als «M 71» ab 1976 eingeführt. Es war wie gewohnt feldgrün aber neu in fünf Grössen erhältlich. Die Schweizer Armee verwendet das M 71 noch immer, es wird aber seit längerem durch ein Modell der nächsten Helmgeneration sukzessive abgelöst, dem ballistischen Schutzhelm 04 aus Kevlar.

Helm Modell 18, Feldgrau gespritzt, von 1918. Foto: Schweizerisches Nationalmuseum

Die erste Form des Stahlhelms Modell 18 wird gepresst.
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Eine weitere Stufe der Form des neuen Stahlhelms wird gepresst.
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Die endgültige Form des neuen Stahlhelms kristallisiert sich langsam heraus.
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Die fertigen Pressformen des Stahlhelms werden von Hand weiterbearbeitet.
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Der Stahlhelm wird geglüht und im Ölbad gehärtet um seine Widerstandsfähigkeit zu verbessern.
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Die Polsterung aus Leder wird in den Stahlhelm eingearbeitet.
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Die Produktion des Helms Modell 18. Fotos: Schweizerisches Bundesarchiv

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