Die filigrane Seite der Kelten: Armreife aus Glas, hergestellt in der Eisenzeit, gefunden in Hedingen, Kanton Zürich. Foto: Schweizerisches Nationalmuseum

Handel à la Kelten

Der Handel mit dem Süden hatte die Kelten auf den Geschmack gebracht. Sie beschlossen, künftig nicht mehr mit Waren, sondern mit dem Schwert zu bezahlen. Dies brachte sie bis nach Kleinasien.

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer ist Historiker und Autor.

Die Kelten waren durch den Handel mit den Südländern zu erstem Reichtum gekommen. Und auf den Geschmack nach mehr. Also beschlossen sie, sich die Schätze fortan statt im Tausch mit Gewalt zu holen. Sie zogen aus, die Welt das Fürchten zu lehren. Zwischen 400 und 100 v. Chr. überquerten sie die Alpen und die Pyrenäen, verwüsteten etruskische Städte, plünderten Rom und heuerten als schlagkräftige Söldner in Kleinasien an. Dort gefiel es ihnen so gut, dass sie zwischenzeitlich sogar die Macht übernahmen.

Daneben hatten die gemäss zeitgenössischen Quellen «rohen, jähzornigen und rauflustigen Gesellen» aber auch eine filigrane Seite: Sie schufen exquisiten Goldschmuck für die damalige Prominenz und zauberten Armringe aus Glas, bei denen bis heute unklar ist, wie sie genau gemacht wurden. Damit das Glück auch künftig auf ihrer Seite blieb, brachten die Kelten ihren Göttern allerlei Opfergaben dar. Ihre heiligen Stätten lagen oft an Gewässern, etwa am Neuenburgersee. Als dort der Seespiegel 1857 durch die Juragewässerkorrektion um einige Meter abgesenkt wurde, kamen im «La Tène» genannten Ufergebiet rund 2500 Fundstücke zum Vorschein. Davon verschwanden viele auf dubiose Weise und tauchten bei Händlern auf der ganzen Welt wieder auf. Trotzdem gab der aussergewöhnliche Fundort einer ganzen Epoche der jüngeren Eisenzeit ihren Namen: La Tène.

Mit Lanzen und Goldschmuck eroberten die Kelten die südliche Welt. Fotos: Schweizerisches Nationalmuseum

Gegen Ende der La-Tène-Zeit floss die heute fast unsichtbare Zihl noch ungebändigt mäandrierend durch die sumpfige Ebene. Die Kelten überwanden sie mittels langen Brücken, die nach starken Regenfällen oft unterspült waren. Als an einem stürmischen Tag eine Gruppe von 20 Personen mit Lasttieren über eine der Brücken ging, barst der morsche Hauptpfeiler unter der Belastung. Die ganze Sippe versank mit Sack, Pack und Tieren im Sumpf.

Als Archäologen ihre Überreste zwei Millennien später ausgruben, lagen die Toten noch immer eingeklemmt unter den Balken. Die Leichen waren in aussergewöhnlich gutem Zustand und die Forscher staunten nicht schlecht, als sie in drei Schädeln sogar noch Hirnmasse vorfanden. Diese ist heute im Laténium, einem Museum am See, ausgestellt. Voilà, das Keltenhirn – bon appetit. Auch für die übrigen Kelten nahte indes das Ende: Im Jahr des Brückenunglücks wurde in Rom Gaius Julius Cäsar geboren. Der Mann, der im Alter von 40 Jahren die Kelten unterwerfen sollte. Mehr dazu gibt es nächste Woche.

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