Die Schweizer Bevölkerung sammelte ab Ende 1912 Geld für eine nationale Militäraviatik. Illustration von Marco Heer.
Die Schweizer Bevölkerung sammelte ab Ende 1912 Geld für eine nationale Militäraviatik. Illustration von Marco Heer.

Das erste Schweizer Militärflugzeug

Anfang des 20. Jahrhunderts eroberte die Aviatikbegeisterung auch das Militär. Nach einem zögerlichen Start wurde ab 1914 auch in der Schweiz eine Flotte aufgebaut.

Andrej Abplanalp

Andrej Abplanalp

Historiker und Kommunikations-Chef des Schweizerischen Nationalmuseums.

Der Traum vom Fliegen wurde sehr schnell auch zu einem «Traum militärischer Überlegenheit». Bereits in den Anfangszeiten wurden Flugzeuge ebenso wie Heissluftballone für die militärische Aufklärung genutzt. So auch in der Schweiz, wo erste solche Flüge Anfang September 1911 stattgefunden hatten. Der erst 18-jährige Pilot Ernst Failloubaz (1892-1919) wollte die Schweizer Armee von der Flugaufklärung überzeugen. Dieser Plan scheiterte nach einer Notlandung, bei der das Flugzeug, eine Dufaux-5, zu Bruch ging.
Ernst Failloubaz bei den ersten Aufklärungsflügen des Militärs 1911.
Ernst Failloubaz bei den ersten Aufklärungsflügen des Militärs 1911. ETH Bibliothek Zürich
Aber nicht alle waren so skeptisch wie die Armeeführung. Vielleicht auch, weil die militärischen Flotten in ganz Europa schnell und massiv aufgerüstet wurden und das Risiko, in der Entwicklung abgehängt zu werden sich quasi Woche für Woche vergrösserte. Am 2. Dezember 1912 beschloss die Schweizerische Offiziersgesellschaft deshalb, Geld für die Gründung einer nationalen Militäraviatik zu sammeln. Und sie war damit äusserst erfolgreich. Insgesamt kamen 1,7 Millionen Franken zusammen. Nun gab es definitiv keinen Grund mehr, die Armee nicht um einen neuen Teil zu erweitern und eine Flotte von Flugzeugen anzuschaffen.
Spendenaufruf zur Schaffung einer schweizerischen Militäraviatik, 1912. Schweizerisches Bundesarchiv
Ende Juli 1914 wurde Theodor Real mit dem Aufbau einer Fliegerabteilung betraut. Der Maschineningenieur und Flugpionier – er hatte als Erster mit einem Flugzeug die Schweizer Grenze überquert – wurde erster Kommandant der schweizerischen Militäraviatik. Er konnte auf namhafte Unterstützung zählen. Zu seinen Piloten zählten prominente «Luftakrobaten» wie Oskar Bider, Edmond Audemars, Alfred Comte oder François Durafour. Sie hatten bereits zahlreiche Weltpremieren vollbracht und waren voller Tatendrang.
Porträt von Oskar Bider.
Oskar Bider wurde der erste Chefpilot der Schweizer Militäraviatik. Er überquerte 1913 als erster Pilot die Pyrenäen. Schweizerisches Nationalmuseum
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Porträt von Edmond Audemars.
Der ehemalige Radweltmeister Edmond Audemars war auch in der Luft ein Mann der Rekorde. 1915 schaffte er mit 6600 Metern den Höheweltrekord. notrehistoire.ch
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Porträt von Alfred Comte.
Flugpionier Alfred Comte gründete 1923 das erste Schweizer Flugzeugwerk und baute seine eigenen Flugzeuge. ETH Bibliothek Zürich
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François Durafour in einem Flugzeug auf dem Flugplatz Beundenfeld.
François Durafour (links) landete 1921 als erster Pilot auf dem Mont-Blanc-Gletscher. Schweizerisches Nationalmuseum
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Die illustre Truppe brannte auf einen schnellen Start. Doch etwas fehlte noch: die Flugzeuge! Zwar waren in Deutschland bei der Luft-Verkehrs-Gesellschaft sechs Doppeldecker bestellt worden. Doch in den Wirren des Ersten Weltkriegs war an eine Lieferung nicht zu denken. Und so mussten fürs erste private Flugzeuge genügen, die teilweise sogar – wie die Mechaniker auch – von den Piloten selbst mitgebracht wurden. Drei Maschinen von ausländischen Herstellern wurden ausserdem an der Landesausstellung in Bern beschlagnahmt.
Flughafen Dübendorf, 1915: Die erste Flugzeugflotte der Schweizer Armee war ein bunt zusammengewürfelter Haufen von diversen Maschinen.
Flughafen Dübendorf, 1915: Die erste Flugzeugflotte der Schweizer Armee war ein bunt zusammengewürfelter Haufen von diversen Maschinen. ETH Bibliothek Zürich
Erst 1916 erhielt die Schweizer Armee ihre ersten eigenen Flugzeuge. Einerseits sechs Haefeli DH-1 Doppeldecker, andererseits sechs Wild W-1, ebenfalls Doppeldecker. Beide Maschinentypen wurden von der Thuner Konstruktions-Werkstätte (K+W) hergestellt und waren eigentlich Prototypen und ausschliesslich für die Aufklärung bestimmt. Ein Jahr später, 1917, konnte die Schweiz fünf Nieuport 23 C-1 von Frankreich kaufen. Es waren die ersten luftkampftauglichen Flugzeuge der Schweizer Armee.
Die Anfänge der Schweizer Luftwaffe. YouTube / Schweizerisches Bundesarchiv

Das erste Mal…

Es gibt immer ein erstes Mal. In dieser Serie werden historische Schweizer Premieren beleuchtet. Die Themen sind vielfältig: vom ersten Zebrastreifen bis zur allerersten Volksinitiative. Die Beiträge sind in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Bundesarchiv entstanden.

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