
Suizid im Bundesrat
Fridolin Anderwert hat sich am 25. Dezember 1880 das Leben genommen. Dem Suizid des Bundesrats ist eine mediale Schlammschlacht vorausgegangen.
Fridolin Anderwert stammt aus einer alteingesessenen Familie aus dem thurgauischen Emmishofen bei Kreuzlingen. Er studiert Geschichte und Philosophie, später Rechtswissenschaften und eröffnet 1851 ein Anwaltsbüro in Frauenfeld. 1875 wird Anderwert in den Bundesrat gewählt. Davor war er bereits seit 1861 in der Politik tätig, als Kantonsrat, Grossratspräsident, Nationalrat und Regierungsrat. Zudem ist er 1872 und 1874 Mitglied der Revisionskommission und prägt mit zahlreichen Anträgen die neue Bundesverfassung mit.
Die Amtszeit von Bundesrat Fridolin Anderwert ist vor allem von der Arbeit am schweizerischen Obligationen- und Handelsrecht (lateinisch obligatio «Verpflichtung», ist das Recht der Schuldverhältnisse) geprägt. Doch daneben muss er sich mit parteipolitischen Auseinandersetzungen herumschlagen. Anderwert ist es zuwider, sich blind dem Parteidiktat der radikalen Fraktion (heute FDP) zu fügen und stellt deshalb die Interessen der Partei oft hintan. Dies wird ihm von der Partei als Verrat ausgelegt. Teilweise wird er dafür heftig angegriffen. Als er beispielsweise den Rekurs eines ausgewiesenen Asylanten abweist, wird er als «Sozialistenfresser» beschimpft.

Gehässige Medienkampagne


Die Nachricht von Fridolin Anderwerts Tod löst in der ganzen Schweiz Entsetzen aus. Über die Schuldfrage bilden sich schnell zwei Lager: Die einen machen allein die masslose Hetze der Presse für das tragische Ereignis verantwortlich, die anderen sehen die angeschlagene Gesundheit des Bundesrates als ausschlaggebenden Grund. Die genauen Gründe, wieso sich der Thurgauer Politiker zu diesem tragischen Schritt entschlossen hat, werden wohl nie ganz geklärt werden können. Aus dem heute verschollenen Abschiedsbrief an seine Mutter und Schwester wurde nur der letzte Satz veröffentlicht: «Ihr wollet ein Opfer, Ihr sollet es haben.»