Prinz im Unglück
Der weltbekannte Prinz Charles von England geriet 1988 in Klosters in eine Lawine. Er kam mit dem Schreck und einem Schock davon, doch sein befreundeter Begleiter starb dabei. Das Unglück hatte einschneidende Folgen.
10. März 1988. Nach vier Tagen bedecktem Himmel und 50 Zentimeter Neuschnee scheint endlich wieder die Sonne. Tags zuvor hat in Klosters die königliche Familie aus England rund 80 Fotografen aus England, Deutschland, Frankreich und der Schweiz auf der Skipiste empfangen – für gerade mal drei Minuten! Prinz Charles posiert im mausgrauen, einteiligen Skianzug, seine damalige Gattin Diana in Schwarz mit schmalen roten und grünen Streifen und seine Schwägerin Sarah Ferguson in Lila. Das royale Trio legt beim Salfranga-Skilift ein paar Schwünge hin, die Fotografen klicken so schnell und so oft sie können. Als dann Diana kurz hinplumpst, hat sich das stundenlange Warten für die Paparazzi gelohnt. Das Foto der im Schnee sitzenden Diana geht um die Welt.
Die königliche Familie in den Skiferien in Klosters. YouTube
Der ganze Berg stürzt ins Tal
Die Lawine erfasst zwei Personen der royalen Gruppe und reisst sie rund 450 Meter in die Tiefe. Bruno Sprecher, ehemaliger Skirennfahrer und Bergführer, der die Engländer begleitet hat, handelt sofort. Er alarmiert die Polizei, ordert einen Rettungshelikopter, fährt zum Lawinenkegel, um mit einem Suchgerät die Verschütteten zu orten und zu graben. Sprecher findet eine schwerverletzte Frau, beatmet sie Mund-zu-Mund und reicht dem Prinz die Schaufel, der die Frau weiter freizulegen versucht. Um sie nicht zu verletzen, gräbt Charles mit blossen Händen. Die verschüttete Patty Palmer-Tomkinson überlebt dank der Soforthilfe von Sprecher und Charles.
Knapp 100 Meter hangaufwärts finden die Rettungskräfte in der Lawine Hugh Lindsay, doch sie können den 34-jährigen Major nur noch tot bergen. Lindsay hatte früher als Stallmeister bei Queen Elizabeth II. gearbeitet und als Soldat in Nordirland, Deutschland und im Oman gedient. Prinz Charles bezeichnet ihn als «engen Freund». Er hinterlässt eine schwangere Frau. Als der Rettungshelikopter im Lawinengebiet landet, soll der Prinz geschluchzt und gezittert haben, berichten Augenzeugen.
Der Prinz nimmt die Schuld auf sich
Doch Charles muss auch kurz ins Spital Davos und steht unter Schock. Er will seinen Skiurlaub fortsetzen. Davon hält ihn Diana, die an diesem Nachmittag auf das Skifahren verzichtet hat, ab. Sie drängt Charles dazu, die Ferien sofort abzubrechen und pietätshalber mit dem Sarg von Hugh Lindsay nach London zurückzufliegen. Der Prince of Wales will in London eine Pressekonferenz abhalten, doch Diana und die Medienstelle der Royals überzeugen ihn, lediglich eine Mitteilung in seinem Namen zu publizieren.
Folgen für die Ehe von Charles und Diana
Doch auch im Kanton Graubünden hat das Unglück Folgen. Die Staatsanwaltschaft nimmt offizielle Ermittlungen auf. Ist der Prinz am Unglück schuld, wie er selber sagte? Ist der Bergführer schuld, der den Lawinenhang hätte kennen müssen?
Vier Monate dauern die Ermittlungen, bei denen auch der englische Prinz mitwirkt. Aber am 27. Juni 1988 stellt die Bündner Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Sie argumentiert damit, dass der Bergführer nicht in offizieller Funktion, sondern als privater Bekannter die Gruppe begleitet habe. Und weil niemand die Gruppe eindeutig in den Lawinenhang hineingeführt habe, handle es sich um eine «Gefahrengemeinschaft», und niemand trägt die Schuld.




