
Der royale Schürzenjäger
Louis-Philippe (1773–1850), Herzog von Orléans und später König der Franzosen, weilte nach den Wirren der Französischen Revolution in der Schweiz. Er lebte in den Kantonen Zürich, Zug, Aargau und Graubünden – und hinterliess Spuren bis in die Schweizer Gegenwartsliteratur.
Beim Abendessen stellte ihn der Internatsleiter den 15 Zöglingen als «Lehrer Chabos» vor. Er trug feine Hemden und edle Halstücher, unterrichtete am Morgen Geometrie und am Nachmittag Arithmetik oder Geografie. Weil er ausschliesslich Französisch sprach, wies ihm die Schulleitung nur gerade einen einzigen Schüler zu.
Doch der Lehrer war gar kein Lehrer, und er hiess auch nicht «Louis Chabos», sondern Louis-Philippe und war der Herzog von Orléans. Nach Reichenau war er gekommen, weil er auf der Flucht war. Louis-Philippe hatte 1789 mit der Französischen Revolution sympathisiert, trotz seiner adeligen Herkunft. Der damals 16-Jährige kam derart ins politische Schwärmen, dass er sich den Beinamen «Égalité» gab und der Revolutionsarmee beitrat.
Zu dieser Zeit tummelten sich in Zürich viele Exil-Franzosen. Diese erkannten Louis-Philippe und Adélaïde d’Orleans auf der Strasse. Einer streckte absichtlich seinen spitzigen Sporn in Richtung Herzogin und zerriss damit einen Teil ihres Gazerockes. Zu Tode erschrocken, weil bei einem nächsten Mal nicht nur das Kleid kaputtgehen könnte, planten Louis-Philippe, Adélaïde und die Gräfin sofort ihre Abreise.
Attentat und amtliche Fälschung
Den adeligen Franzosen sollte es recht sein, sie wurden in Ruhe gelassen. Nur der tatendurstige Louis-Philippe liess es sich nicht nehmen, immer mal wieder im Hotel Ochsen am Kolinplatz zu dinieren oder sich abends etwas zu genehmigen. Doch auch in Zug verkehrten Exilfranzosen. So dauerte es nicht lange, bis Herzog Louis-Philippe erneut von einem Landsmann erkannt wurde.
Louis-Philippe, Adélaïde und Stéphanie-Félicité de Genlis zogen sofort nach Bremgarten an der Reuss weiter. Der Prinz fand einen Unterschlupf an der Antonigasse 14 während Adélaïde und die Gräfin im Klarissenkloster unterkamen. Doch in Bremgarten wiederholte sich die Geschichte von Zürich und Zug: Herzog Louis-Philippe war seines Lebens nicht sicher. Deshalb floh er nach Reichenau ins Bündnerland, wo er inkognito als «Lehrer» unterkam.
Auch Louis-Philippe musste die Lehranstalt verlassen, er zog für neun Monate wieder nach Bremgarten, wo unter dem Decknamen «Adjudant Corby» lebte. Doch erneut flog er auf.
Nach den Zwischenfällen in Zürich, Zug, Reichenau und nun auch noch in Bremgarten sah sich Louis-Philippe nach gänzlich neuen Horizonten um. Damit der Adelige unbehelligt reisen konnte, stellte ihm der Zuger Landschreiber Franz Josef Müller einen falschen Pass aus. Weil dem Landschreiber beim Fälschen kein anderer Name einfiel, wählte er seinen eigenen Namen. Louis-Philippe reiste deshalb als «Franz Josef Müller» bis ins finnische Lappland. Dort lebte Louis-Philippe in einem Pfarrhaus und behielt den unverfänglichen Decknamen «Müller» bei. Diesmal ging er eine Liebesbeziehung mit der Haushälterin des Pfarrhauses ein, die prompt schwanger wurde. Noch vor der Niederkunft war Louis-Philippe bereits wieder abgereist.
Thronbesteigung und Tabakdose
Dass König Louis-Philippe zeitweilig im Schweizer Asyl gelebt hatte, war seiner Politik nicht anzumerken. Er entliess die eidgenössischen Regimenter unter französischer Flagge, stattdessen gründete er die Fremdenlegion. Ein Entscheid, der die lukrativen Verdienstmöglichkeiten vieler Schweizer Patrizier massiv beschnitt. Auch mischte sich die Regierung des Bürgerkönigs anlässlich der Conseil-Affäre von 1836 in Schweizer Angelegenheiten ein: Dabei ging es um die Auslieferung eines französischen Spitzels, der in der Schweiz Informationen über französische Flüchtlinge gesammelt hatte.
Zwei Jahre später verschärfte sich die Situation nochmals. Prinz Louis-Napoléon (der spätere Napoleon III.) hatte seine Jugend im Thurgau verbracht. Jetzt durfte er sich nur zeitlich begrenzt in der Eidgenossenschaft aufhalten, was er nicht akzeptierte. Frankreich drohte mit einem Einmarsch. Sogleich riefen einige Schweizer Kantone die Mobilmachung aus. Erst nachdem Louis-Napoléon freiwillig die Schweiz verliess, beruhigte sich die Lage wieder.
Royals zu Besuch – von Sisi bis Queen Elizabeth
Obwohl die Schweiz keine royale Tradition hat, faszinieren die Geschichten der Königshäuser auch hierzulande. Ob Kaiserin, Königin oder Prinzessin: Eines hatten die königlichen Besuche gemeinsam, egal ob sie aus politischen, wirtschaftlichen oder privaten Gründen erfolgten. Sie lösten – damals wie heute – eine immense Begeisterung und Faszination in der Schweizer Bevölkerung aus. Dies zeigt die Ausstellung anhand von zahlreichen Bildern und exklusiven Objekten der Blaublütigen.


