
Tod eines Königs in Bern
Im September 1933 starb Iraks erster König in Bern im Alter von nur 48 Jahren. Wer war Faysal I. und was bedeutete sein früher Tod für die haschemitische Dynastie im Zweistromland?
Faysals Leichnam wurde noch am selben Tag einbalsamiert. Der bekannte Berner Fotograf Carl Jost machte anschliessend ein Foto vom aufgebahrten König. Am 10. September wurde ein Trauerwagen mit dem Sarg dem internationalen Schnellzug angehängt, der um 8:48 Uhr Bern verliess und über den Simplon nach Genua fuhr. Dort übernahm das britische Kriegsschiff HMS Despatch die sterblichen Überreste Faysals und überführte sie nach Haifa. Ein Militärflugzeug brachte den Sarg schliesslich nach Bagdad, wo am 16. September die Beisetzung stattfand. Bereits sieben Tage zuvor war Faysals damals 21 Jahre alter Sohn Ghazi zum neuen König des Irak proklamiert worden.
Im Juli 1933 war Faysal erneut erschöpft in der Schweiz eingetroffen. Die englische Evening News wusste später zu berichten, dass die Arbeitstage des Monarchen üblicherweise um die 15 Stunden dauerten. Diesmal stand der Kuraufenthalt in Albert Kochers Privatklinik unter einem denkbar schlechten Stern. Faysal musste noch im Juli seine Kur unterbrechen und eilig in die Heimat zurückkehren, um sich der sogenannten «Assyrischen Krise» zu widmen. Im Norden des Landes hatte die Regierungsarmee im Verbund mit kurdischen Freischärlern Hunderte von christlichen Assyrern und Assyrerinnen unter dem Vorwand ermordet, sie stellten eine Gefahr für die «nationale Einheit» des Landes dar. Erst im späten August konnte Faysal seinen Aufenthalt in Bern fortsetzen.
Ein hindernisreicher Weg zum Thron
Im März 1921 versammelte Kolonialminister Winston Churchill Britanniens Nahostexperten in Kairo, um über die Zukunft des Irak zu beraten. Zu Churchills Amüsement wurde dem Expertenkreis, darunter Gertrude Bell, die «Mutter des Irak», und der legendäre T. E. Lawrence «von Arabien», sehr schnell der Spitzname «die vierzig Räuber» verliehen. Die Konferenz bestätigte die Einsetzung des Haschemitenprinzen Faysal ibn al-Husayn ibn Ali als König des Irak. Faysal war der dritte Sohn von Scherif al-Husayn von Mekka aus der Familie der Haschemiten, die ihre Abstammung direkt auf die Ehe von Fatima, der Tochter des Propheten Mohammed, und Ali zurückführten.
Der arabische Aufstand gegen die türkische Herrschaft führte Faysal 1918 zusammen mit seinem britischen Verbindungsoffizier T. E. Lawrence nach Damaskus, wo er kurzfristig zum malik al-Arab, zum König der Araber, ausgerufen wurde. 1920 vertrieben die Franzosen, denen im Sykes-Picot-Abkommen Syrien zugesprochen worden war, Faysal aus Damaskus. Der Archäologin Gertrude Bell hatte es Faysal zu verdanken, dass er von den Briten als künftiger König des Irak auserkoren wurde. Damit erwies sich der Haschemitenprinz als Opfer und Nutzniesser europäischer Kolonialpolitik zugleich.
Faysals Herrschaft stützte sich auf die Briten, auf lokale Grossgrundbesitzer und vor allem auf eine kleine Schicht von irakischstämmigen Veteranen des arabischen Aufstands gegen die Türken, die nun in der staatlichen Verwaltung, dem Bildungswesen sowie dem Offizierskorps eine zentrale Rolle spielten. In der Bevölkerung stiess der König auf breite Skepsis, insbesondere in den Reihen kurdischer Aktivisten und schiitischer Gelehrter. Als Spross der Haschemitenfamilie wurde Faysal im Irak als Fremdherrscher von britischen Gnaden betrachtet. Die offizielle Unabhängigkeit des Irak im Jahre 1932 änderte letztlich wenig an den Machtverhältnissen. Britische Truppen und Firmen verblieben weiterhin im Zweistromland.
Faysals glücklose Nachfolger
Was Schweizer «Gesellschaftsnachrichten» betrifft, so sind dieser Geschichte zwei Anmerkungen hinzuzufügen. Am selben Tag wie Faysal starb auch der Direktor des Berner Bellevue Palace, Fritz Eggimann. Angelsächsische Blätter berichteten, der Hotelmanager sei einer der ersten gewesen, der den toten König in seinem Bett vorgefunden habe. Vor Schreck sei Eggimann kollabiert und drei Stunden später verschieden. Schweizer Zeitungen äusserten sich zurückhaltender. Gemäss dem Journal du Jura beispielsweise sei Eggimann zwar ebenfalls am 8. September gestorben, aber vielmehr an den Folgen einer «Broncho-pneumonie». Die Historikerin Madeleine Herren wiederum schreibt in ihrem Artikel «ein transatlantischer Blick auf die Berner Ärzte», die New York Times habe zum Tode von Privatdozent Albert Kocher im Jahre 1941 eine Todesanzeige veröffentlicht, in der ausdrücklich auf dessen berühmtesten Patienten hingewiesen wurde, nämlich auf Iraks König Faysal I.
Royals zu Besuch – von Sisi bis Queen Elizabeth
Obwohl die Schweiz keine royale Tradition hat, faszinieren die Geschichten der Königshäuser auch hierzulande. Ob Kaiserin, Königin oder Prinzessin: Eines hatten die königlichen Besuche gemeinsam, egal ob sie aus politischen, wirtschaftlichen oder privaten Gründen erfolgten. Sie lösten – damals wie heute – eine immense Begeisterung und Faszination in der Schweizer Bevölkerung aus. Dies zeigt die Ausstellung anhand von zahlreichen Bildern und exklusiven Objekten der Blaublütigen.


