«Nimm s’Knorrli mit»
Knorrli wird 70. Der knorrige Wicht mit dem runden Tellergesicht und der roten Zipfelmütze gehört zu den bekanntesten Werbefiguren der Schweiz.
Niemand gäbe Knorrli seine sieben Jahrzehnte. Sein Gestalter, der Tessiner Maler und Grafiker Hans Tomamichel (1899–1984), ist sogar noch im 19. Jahrhundert geboren. Munter und werbewirksam wie eh und je huscht Knorrli mit einer Kelle, einem Suppenteller oder einer Suppenschüssel, einem Wanderstock oder einem Springseil in der Hand über die Lebensmittelverpackungen der Marke Knorr. Ab 1948 wirbt er für Haferflocken, damals noch als Knorritsch-Maa– Knorritsch analog zu Porridge –, für Suppenwürste und Beutelsuppen, ab 1953 für Aromat Streuwürze, ab 1960 für Stocki Kartoffelstock.
In der zweiten Jahreshälfte 1947 nimmt Knorrli unter den Händen von Hans Tomamichel Form an. Der Tessiner Grafiker aus dem Walserdorf Bosco-Gurin war kein Unbekannter. Zuvor hatte er für die Schokoladefabriken Nestlé, Peter, Cailler und Kohler (N.P.C.K.) bereits die Werbefiguren Fip und Fop geschaffen. Als Modell für Knorrli schwebte ihm nach eigenem Bekunden ein freundlicher Berggeist aus seinem Heimatdorf im Maggiatal vor: «Ich machte ihm einen runden Kopf – wie bei einem Suppenteller». Die Auftraggeber waren von den ersten Entwürfen begeistert. «Wir sind von dem Knorritsch-Mannli entzückt und halten es für sehr lebendig und aktivierend. Die Zeichnungen und die Komposition der Inserate sind sehr hübsch vorgesehen», schreiben der neue Direktor Johann Conrad Weilenmann und der ebenfalls 1947 in die Firma eingetretene Werbeleiter Hans Ruckstuhl am 22. Dezember 1947 vom Firmensitz der Knorr-Nährmittel AG in Thayngen (SH) nach Zürich. Die beiden neuen Köpfe und die neue Werbefigur markieren den Beginn der Erfolgsgeschichte der Knorri, wie die Fabrik im Volksmund heisst.
Vom Knorritschmannli zu Knorrli
Schon zu Beginn des nächsten Jahres taucht Knorrli erstmals in einem Prospekt auf, mit einer Glocke in der Hand: «s’ Knorritschmannli ruft es aus: «Knorritsch g’hört in jedes Haus!» (Knorr’s Küchenbrief 3). Unter dem Namen Knorrli erscheint er erstmals am 15. September 1948 in einem Inserat in der Konsumentenzeitschrift Der Beobachter: «De Knorrli bin i – Knorr Suppe bring i.» Mit der Produktion der Beutelsuppen werden die Suppenkelle, die Suppenschüssel oder der Suppenteller mit dem Suppenlöffel zu den wichtigsten Attributen des fiktiven Schweizers, der noch heute ausschliesslich für in der Schweiz produzierte Lebensmittel wirbt.
Knorrli in der Galerie berühmter Schweizer
«Nimm s’Knorrli mit – Allons y Knorrli suit» heisst der Slogan zur Knorrli-Figur mit Wanderstock und Rucksack aus der Zeit, in der die Schweizer ein Volk von Sonntagswanderern und Ferienkolonisten waren. In der imaginären Galerie berühmter fiktiver Schweizer gebührt dem Küchengehilfen Knorrli ein Ehrenplatz. Jener zwischen dem 15 Jahre älteren Globi und der um neun Jahre jüngeren Köchin Betty Bossi.
Knorrlis vergessene Vorgänger
Knorrli ist nicht die erste Werbefigur von Hans Tomamichel, die Berühmtheit erlangt. Bereits 1929 entwirft er für die Zürcher Weinhandlung Ulmer & Knecht AG das Ulmer Knechtli, eine der ersten modernen Schweizer Werbefiguren überhaupt. Ab 1932 folgen Werbeaufträge der vereinigten Schokoladefabriken N.P.C.K (Nestlé, Peter, Cailler und Kohler), in deren Zug die Zwillinge Fip Kohler und Fop Cailler entstehen. Bis in die späten 1950er-Jahre hinein kennt sie jedes Kind. Für die Werbedrucksachen, insbesondere die ganzseitigen Zeitungsinserate, kombiniert Hans Tomamichel als einer der ersten Schweizer Grafiker Zeichnung und Fotografie.
Zwillinge am Schnittpunkt der Kino- und Reklamegeschichte
1936 gründet Nestlé einen Filmclub für Kinder, den Fip-Fop-Club. Für einen Franken ist man dabei: zwei Vorstellungen im Jahr, ein Fip-Fop-Abzeichen und ein Abonnement für die Clubzeitschrift. Die Filmvorführungen finden in den bestehenden Kinos statt. Gezeigt werden natürlich Filme über die Produktion von Schokolade, aber eben auch Trickfilme, Charly Chaplin, Laurel und Hardy und Dokumentarfilme. In einer Zeit, in der noch lange nicht in allen Stuben ein Radioapparat steht, vom Fernseher ganz zu schweigen, das Taschengeld, wenn es welches gibt, beschränkt ist und die Altersgrenze für den Kinobesuch bei 16 oder 18 Jahren liegt. Darüber hinaus ist der Fip-Fop-Club auch Drehscheibe für den Tausch der beliebten Nestlé-Sammlerbildchen. Mit der Verbreitung des Fernsehens verschwinden das brave Mädchen Fip und der Lausbub Fop von der Bildfläche, und die Generation, die mit ihnen ihre ersten Kinoerlebnisse verbindet, kommt langsam in die Jahre.