Fingerring mit Musikwerk, hergestellt von Piguet & Capt Uhren und Automaten, Genf, um 1838.
Fingerring mit Musikwerk, hergestellt von Piguet & Capt Uhren und Automaten, Genf, um 1838. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch

Schmuck als Zeichen der Liebe

Kunstschaffende und Schmuckhersteller verwenden eine gemeinsame Bildsprache der Liebe und Romantik, von der einige Symbole noch aus dem antiken Griechenland und Rom stammen. Viele verschiedene Designs, darunter musikalische Themen, ländliche Szenerien, Blumen und Tiere, sind traditionelle Motive auf Schmuckstücken mit romantischem Bezug.

Beatriz Chadour-Sampson

Beatriz Chadour-Sampson

International anerkannte Schmuckhistorikerin aus England. Ihre Publikationen reichen von der Antike bis in die Gegenwart, wie beispielsweise 2000 Fingerringe der Alice und Louis Koch Sammlung, Schweiz (1994), für die sie als Beraterin des Schweizerischen Nationalmuseums tätig ist.

Die enge Beziehung zwischen Musik und Liebe zieht sich durch die gesamte europäische Literatur‑, Kunst‑ und Schmuckgeschichte. Musik dient dem Ausdruck von Gefühlen: Instrumente und Gesang können die Sehnsucht nach Liebe, einer verlorenen Liebe oder Verliebtsein wachrufen. Schon in der Antike wurden Göttinnen, Musen und Liebende auf Schmuckstücken beim Spielen von Musikinstrumenten wie etwa der Leier, Harfe oder Laute dargestellt. Einige Schmuckstücke haben verborgene Ebenen, wie etwa ein Ring mit Musikautomation aus Frankreich von circa 1838. Im Inneren der Fassung befindet sich eine ältere mechanische Vorrichtung des Genfer Unternehmens Piguet et Capt zum Abspielen von Musik. Die goldumrahmte Szene auf fein bemaltem Emaille-Hintergrund stellt scheinbar einfach eine Musikstunde dar. Nach Betätigen eines Hebels an der Seite der Fassung erklingt jedoch eine Melodie und die Figuren setzen sich in Bewegung: Der Arm des Mädchens auf der linken Seite dreht die Kurbel der Serinette (Vogelorgel) in ihrem Schoss und gegenüber dirigiert der junge Mann mit einer Geige unter dem Arm die Musik mit seinem Taktstock. Zwischen den beiden befindet sich ein eleganter Tisch, dessen drei Beine an Säulen erinnern. Darauf steht ein Notenständer neben einem Vogel. Mit Serinetten wurden Singvögeln verschiedene Melodien beigebracht. Hinter einem roten Vorhang mit goldenen Quasten entfaltet sich ein Garten mit Bäumen. Die Szene erinnert an die in ländlicher Umgebung dargestellten romantischen Serenaden aus dem 18. Jahrhundert, wie etwa auf Bildern von François Boucher. Einige Goldschmiede liessen sich von Bouchers Werken inspirieren und stellten kunstvolle Medaillons und Taschenuhren mit Liebesszenen auf Emaille her, die, wie auch in diesem Beispiel, mit traditionellen Liebessymbolen versehen wurden: Über dem Kopf des Mädchens befinden sich ein Rosenzweig als Symbol für die Liebe sowie eine weisse Taube (für die reine Liebe) und zu seinen Füssen schläft ein Hund – ein Symbol für die Treue.
Fingerring mit Musikwerk, hergestellt von Piguet & Capt Uhren und Automaten, Genf, um 1838.
Fingerring mit Musikwerk, hergestellt von Piguet & Capt Uhren und Automaten, Genf, um 1838. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Die Melodie des Musikwerks, aufgenommen von Alfons Eschle, Laufen.
Die Melodie des Musikwerks, aufgenommen von Alfons Eschle, Laufen. Schweizerisches Nationalmuseum
Schmuckstücke erhielten auch die Gestalt von Musikinstrumenten, wie etwa ein eleganter, blau emaillierter Ring in Form einer Mandoline aus dem frühen 19. Jahrhundert zeigt. Mittels Musiknoten konnten Liebesbezeugungen auf raffinierte Art ausgedrückt werden, wie etwa im Falle eines französischen Rings mit einem Bilderrätsel von 1782–1789, auf dem eine Nachricht mit Worten und Bildern entsteht: Das Wort «JE» wird gefolgt von der Musiknote D (bekannt als «re»), der Abbildung eines Glases («verre»), einem Holzschuh («sabot») sowie dem Buchstaben «T», also «Je révère sa beauté» – Ich verehre ihre Schönheit.
Fingerring mit Mandoline, um 1800.
Fingerring mit Mandoline, um 1800. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Liebesring mit Rebus, um 1785.
Liebesring mit Rebus, um 1785. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Miniatur-Schmuckstücke mit solchen «Fête champêtre»-Szenen wie die des oben erwähnten Rings mit Musikautomation waren beliebte Liebesbeweise. Zu dieser Gattung der ländlichen Motive gehört auch ein österreichischer Ring aus der Zeit um 1790 mit einer golden folierten Silhouette vor einem leuchtend blauen Hintergrund. Abgebildet sind zwei Liebesaltare – als Symbol der Heiligkeit der Liebe – mit flammenden Herzen, die durch von zwei fliegenden Tauben in Bogenform gehaltene Kränze verbunden sind. Die französische Inschrift «Nous sommes unis» (Wir sind (in Liebe) vereint) unterstreicht die Bildsprache.
Liebesring aus Österreich, um 1790.
Liebesring aus Österreich, um 1790. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert wurden Blumen zu besonders beliebten Schmuckmotiven, denn das Interesse für Botanik explodierte geradezu und die Vorstellung der «Sprache der Blumen», bei der jede Blume unterschiedliche Eigenschaften und Gefühle symbolisiert, verfeinerte sich. Natürlich gehörte die Rose zu den beliebtesten Symbolen für romantische Liebe. Der Legende nach verletzte sich die römische Liebesgöttin Venus an den Dornen einer weissen Rose, die sich durch ihr Blut rot färbte. Deshalb wurde die rote Rose mit den Qualen der Liebe in Verbindung gebracht. Ein Ring mit dem Datum 15. November 1831, der vermutlich aus Deutschland stammt, ist mit einer rubinbesetzten Rose versehen. Ob das Datum eine Verlobung oder eine Heirat bezeichnet oder nur eine zusätzliche Liebeserklärung zur Haarlocke in einem kleinen, unter der Rose verborgenen Fach, also ein Geschenk zum Beweis der Liebe war, ist unbekannt. Bis heute ist die Rose eines der eindeutigsten Liebessymbole.
Liebesring mit rubinbesetzter Rose, Smaragde als Blätter und verborgenem Kompartiment unter der Rose, Deutschland, 1831.
Liebesring mit rubinbesetzter Rose, Smaragde als Blätter und verborgenem Kompartiment unter der Rose, Deutschland, 1831.
Liebesring mit rubinbesetzter Rose, Smaragde als Blätter und verborgenem Kompartiment unter der Rose, Deutschland, 1831. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Blumen als Liebesboten könnten kaum liebevoller eingesetzt werden als auf einem vermutlich Schweizer Ring von circa 1835: Rosenzweige und Gänseblümchen auf Emaille wechseln sich auf einem kunstvoll gravierten Hintergrund ab. Hinter den Gänseblümchen verbergen sich vier kleine Fächer mit französischen Inschriften. Die Botschaften ähneln denjenigen beim Blütenblätterzupfen, einem Spiel für Verliebte: «Je l’aime pas du tout» (Ich liebe ihn/sie nicht), «je l’aime un peu» (Ich liebe ihn/sie ein bisschen), «je l’aime beaucoup» (Ich liebe ihn/sie sehr) und «‘je l’aime passionnément» (Ich liebe ihn/sie leidenschaftlich). In der Sprache der Blumen standen Gänseblümchen für Unschuld.
Liebesring mit aufklappbaren, mit Gänseblümchen verzierten Feldern, um 1835.
Liebesring mit aufklappbaren, mit Gänseblümchen verzierten Feldern, um 1835.
Liebesring mit aufklappbaren, mit Gänseblümchen verzierten Feldern, um 1835. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Tiere, ob nun Haustiere oder mythische Wesen, waren oft beliebte Sinnbilder für Liebe. Hunde sind in der Malerei und Bildhauerei treue Begleiter und christliche Symbole der Loyalität, insbesondere bei Grabskulpturen, wo sie beispielsweise dem Verstorbenen zu Füssen sitzen oder liegen. In der Renaissance symbolisierten kleine Hundeskulpturen auf Ringen Liebe und Treue. Auf einem dekorativ emaillierten Ring aus der Zeit um 1830 ist, umrahmt von rosafarbenen Rosen und Vergissmeinnicht, eine ovale Malerei eines braun-weissen Cavalier King Charles Spaniels auf einem Grasstreifen zu sehen. Unter dem Oval befindet sich ein Geheimfach, in dem wohl ursprünglich die Haarlocke eines geliebten Menschen aufbewahrt wurde – ein persönliches Zeichen der Zuneigung. Die Zeichensprache des Hundes und der Blumen legt den Schluss nahe, dass der Ring als Freundschafts- und Liebesbeweis diente. Aufgrund des Stils der bemalten Emaille stammt der Ring möglicherweise aus dem schweizerischen Genf.
Freundschafts- oder Liebesring mit liegendem Hund, Genf, um 1830.
Freundschafts- oder Liebesring mit liegendem Hund, Genf, um 1830. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Eines der ältesten Symbole für Liebe – besonders für reine Liebe oder ein reines Herz – ist die Taube, wie sie in einem Mikromosaik auf einem römischen Goldring aus dem späten 18. Jahrhundert dargestellt ist. Die Taube trägt ein rotes Band um den Hals, das Band der Liebe. Das andere Ende ist an einen kahlen Ast gebunden, von dem eine Kirsche hängt: die Paradiesfrucht. Deutlicher könnte die Bildsprache nicht sein.
Liebesring mit Taube auf einem Kirschzweig, Italien, um 1800.
Liebesring mit Taube auf einem Kirschzweig, Italien, um 1800. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Seit jeher waren Liebe und Romantik für Schmuckhersteller übersprudelnde Quellen für Gestaltungsideen, besonders, weil sich Schmuckstücke als Erinnerung an Momente der Liebe – Liebeserklärungen, Verlobung, Heirat und Trauer – schon immer einer allgemeinen Beliebtheit erfreut haben.

Die Sammlung

Die Ausstellung zeigt über 7000 Exponate aus der eigenen Sammlung und beleuchtet das handwerkliche und kunsthandwerkliche Schaffen der Schweiz über einen Zeitraum von rund 1000 Jahren. Die Ausstellungsräume sind ebenfalls wichtige Zeitzeugen und verbinden sich mit den Objekten zu einer historisch dichten Atmosphäre, die ein tiefes Eintauchen in die Vergangenheit erlaubt.

Weitere Beiträge