
Kampf im und neben dem Sägemehl
Schwingen gehört zur Schweiz wie Schokolade und Uhren. Zumindest solange Männer in die Zwilchhosen steigen. Demgegenüber steht das Frauenschwingen. Die Geschichte eines Sports, der so einige Skandale ausgelöst hat.
Auf der einen Seite stehen jene Frauen, die sich wie ihre Brüder und Väter in die Schwinghosen stürzen wollen. Auf der anderen Seite ihre Gegnerinnen und Gegner, in deren Köpfen der gedankliche Horizont nicht mit dem visuellen Richtung Alpen korreliert. Eine Frau in Zwilchhosen will da nicht in den gedanklichen Horizont passen. Es ist bezeichnend, dass die Initiative für «Böse Frauen» aus dem ländlichen Raum kommt, denn, der Schwingsport respektive dessen Aufschwung ist den Städtern zu verdanken. Doch das ist eine andere Geschichte.


Weshalb so viele Menschen den ersten Frauenschwinget besuchen, ist unklar. Im Gegensatz zu den unmissverständlichen (meist männlichen) Reaktionen darauf. So schreibt beispielsweise Paul Dätwyler, damaliger Präsident der Jubiläumskommission des Schwingerverbandes in Basel, in der Jubiläumsschrift «75 Jahre Schwinger-Verband Basel-Stadt» 1982: «In den Sägemehlringen aber ist für Frauen kein Platz! Wer das will, gehört auf die Schaubühne der Sensation und des Varietés, nicht aber auf einen Schwingplatz.» Die Schwinger sollen die «mehr herumbalgenden denn schwingenden» Frauen nicht der Lächerlichkeit preisgeben. Frauenschwingen als Kuriosität – ein Denkmuster, das auch nach dem Grossereignis in Aeschi bei Spiez nicht so schnell aufbrechen wird.
Bis heute ist das Frauenschwingen in gewissen Kreisen umstritten. SRF
Schwingfest für Männer und Frauen nicht erwünscht
Die Akzeptanz in Schwingerkreisen hält sich aber auch im 21. Jahrhundert in Grenzen. So bleibt der Schwinget im Kanton Freiburg für den Schwingklub Kerzers nicht ohne Folgen: Der Eidgenössische Schwingerverband erteilt ihm einen Verweis und fordert ihn auf, künftig auf gemischtgeschlechtliche Schwingfeste zu verzichten. Um den eigenen Schwingern keine Steine in den Weg zu legen, lenken die Freiburger ein. 2007 dürfen Frauen nicht mehr mitschwingen. Dieser Entscheid stösst nicht überall auf Akzeptanz. Ein Redaktor des Murtenbieters schreibt am 19. Januar 2007 zum Auftritt der Frauen am «Skandal-Fest» von 2006: «Über 1000 begeisterte Zuschauer haben diesen Anlass besucht, was darauf hinweist, dass es für den Verband an der Zeit wäre, sich diesbezüglich zu öffnen.»

Die Geschichte des Schwingsports zeigt: Die «solide Männerbastion» hat in den vergangenen Jahren an Beliebtheit gewonnen, spätestens mit der Krönung Jörg Abderhaldens zum Schweizer des Jahres 2007. Dem Aufstieg des Sports konnte auch das Frauenschwingen keinen Abbruch tun. Im Gegenteil.
Swiss Sports History

Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit Swiss Sports History, dem Portal zur Schweizer Sportgeschichte, entstanden. Die Plattform bietet schulische Vermittlung sowie Informationen für Medien, Forschende und die breite Öffentlichkeit. Weitere Informationen finden Sie unter sportshistory.ch.