
Der Fall Flükiger
Bis heute ist der Tod des Offiziersaspiranten Rudolf Flükiger nicht geklärt. Kreuzte der Berner ungewollt die Wege jurassischer Separatisten? Wurde er von Schmugglern ermordet? Oder kam er der RAF in die Quere? Drei mögliche Hypothesen.
Bis heute gilt Suizid als offizielle Todesursache. Doch ein Suizid mittels Handgranate, wie ihn der Abschlussbericht der Schweizer Justiz als Todesursache festhält, kann ausgeschlossen werden. Dies zeigt auch die 2024 erschienene Dokumentation «Operation Silence – Die Affäre Flükiger» von Werner Schweizer. Erstens war Rudolf Flükiger ein kräftiger und unbeschwerter junger Mann, der sich wohl in seiner Haut fühlte. Zweitens ereigneten sich beim Militär seit 1943 nur drei oder vier Selbsttötungen mittels Handgranate – die meisten Suizide werden mit der Ordonnanzpistole verübt. Drittens, trägt jede Handgranate des Modells 43 eine Nummer, über die sich zurückverfolgen lässt, welche Truppe die entsprechende Serie erhalten hat. Am Tatort wurde offenbar keine Spur einer solchen Nummer gefunden. Viertens hält der frühere Truppenarzt Jean-Luc Eberlin, der die Aufzeichnungen der Unterlagen zum Fall genau studiert hat, aufgrund der Verletzungen und der Lage des Leichnams einen Selbstmord für unmöglich.
Drei Hypothesen zum Tod von Rudolf Flükiger
Als Erklärung für den noch immer ungeklärten Todesfall kommen drei Hypothesen in Frage:
Hypothese 1
Hypothese 2
Hypothese 3
Haben sich einige Béliers oder Autonomisten, nicht unter der Kontrolle ihrer «Glaubensbrüder», auf einen «Scherz» eingelassen, eine Operation, die schiefgelaufen ist? Am 15. Oktober 1977 erhält die Redaktion der Zeitung «L’Impartial» in La Chaux-de-Fonds ein anonymes Schreiben, das die Untersuchungsverantwortlichen von Beginn weg als Instrument eines pro-bernischen Ränkespiels einordnen (der Fall wurde denn auch tatsächlich instrumentalisiert). In diesem Schreiben «gesteht» ein angeblicher Bélier-Anhänger, der mit dem Brief sein Gewissen erleichtern möchte, Rudolf Flükiger sei in der Absicht entführt worden, den Fernsehkameras vor dem Bundeshaus einen nackten «Fritz» (Deutschschweizer) vorzuführen. Beim Transport im Kofferraum eines Autos sei der gefesselte und geknebelte Aspirant an seinem Erbrochenen erstickt. Der Suizid mittels Handgranate wird inszeniert. Im Unterschied zu den damaligen Zeitungsartikeln wird der Name Flükiger im Brief korrekt geschrieben.
Die Ereignisse um dem Fall und der Brief werfen Fragen auf:
Die Ereignisse um dem Fall und der Brief werfen Fragen auf:
- Haben Suchhunde eine Spur bis zu einem Hof am Rande des Waffenplatzes von Bure verfolgt? Haben sie sie daraufhin verloren?
- Gibt es Zeugen, die im entsprechenden Rayon verdächtige Bewegungen beobachtet haben?
- Wurde das Modell der Schreibmaschine identifiziert, auf der der anonyme Brief getippt wurde? Wer ist ihr Eigentümer?
- Wurden die Autoren des Briefs an Bundesrat Gnägi und der Berichte unter dem Namen «Groupe action vérité affaire Flükiger» (Aktionsgruppe Wahrheit im Fall Flükiger) identifiziert?
- Was ist über das Treffen s im Restaurant Grandfontaine vom 16. auf den 17. September 1977 bekannt? Dessen Wirt, Alfred Amez, der damit geprahlt haben soll, so einiges über den Fall Flükiger zu wissen, beging 187 Tage später unter ungeklärten Umständen «Selbstmord» in der Nähe von Lyon.
1977 stand man kurz vor der Abstimmung der Kantone und des Schweizer Stimmvolks über die Gründung der Republik und des Kantons Jura. Die Berner Kantonsregierung hatte sich da bereits mit dem Verlust eines Teils ihres Kantonsgebiets abgefunden. Im Norden des Berner Juras zeigen Polizei und Justiz (noch immer Berner) keine sonderliche Dynamik mehr, besonders, wenn ein Fall in Zusammenhang mit der Jurafrage steht. Befürchten die Exponaten des jurassischen Verfassungsrats, dass die Wahrheit die für 1978 geplante eidgenössische Abstimmung über die Gründung des neuen Kantons ungünstig beeinflussen würde? Möchte Bundesrat Kurt Furgler, der in der Jurafrage grosses Engagement gezeigt hat, sein Wirken nicht gefährden? Jedenfalls lädt den Chefredakteur des «Bundes» vor und bittet ihn, vom Fall Flükiger nicht allzu viel Aufhebens zu machen.
Der Tod von Aspirant Flükiger ist nicht restlos geklärt. Nicht zu vergessen ist der unbeschreibliche Schmerz seiner Familie, die sich von Anfang an sicher war, dass sich der junge Mann nicht das Leben genommen hat. Der Dokumentarfilm von Werner Schweizer hat sie zufriedengestellt...


