
Videotex
Vor 20 Jahren wurde Videotex eingestellt. Der Informationsdienst war seiner Zeit um Jahre voraus. Warum hat er trotzdem nicht überlebt? Ein Blick ins PTT-Archiv gibt Antworten.
Wie funktioniert Videotex? Kurt Aeschbacher ging dieser Frage 1984 auf den Grund. SRF
PTT rechneten mit globaler Vernetzung
Die Entwicklungen in den Nachbarländern, in denen man schon früher damit begonnen hatte, sogenannte Telefon-Bildschirmtext-Systeme auszuprobieren, bestärkten die PTT in ihren Zukunftsvisionen eines sich anbahnenden digitalen Zeitalters: In Frankreich verzeichnete das 1980 erstmals eingeführte Télétel nach wenigen Jahren schon 800'000 Abonnentinnen und Abonnenten und der in der Bundesrepublik seit 1983 betriebene Bildschirmtext zählte allein im Jahr seiner Einführung 30'000 Teilnehmende. Die PTT waren sich deshalb sicher, dass ein vergleichbares System auch in der Schweiz auf reges Interesse stossen würde. Sie überzeugten den Bundesrat, der per Ende 1983 einen ersten Betriebsversuch genehmigte. Dieser sollte vorerst 2000 Kunden Anschluss an ein Schweizer Telefon-Bildschirmtext-System, eben an den Videotex, bieten.
 Erstaunliche Zurückhaltung
Die fortan an die Privatwirtschaft delegierte Nutzverantwortung des Videotex hatte aber zur Folge, dass sich die Kunden mit verhältnismässig hohen Einstiegskosten konfrontiert sahen: Die nötige Hardware konnte in den 1980er-Jahren schnell einmal über 3000 Franken kosten, das Modem hatte man von den PTT für 12 Franken im Monat zu mieten und für den Anschluss ans Netz wurde eine Grundgebühr von 7 Franken pro Stunde verrechnet. Die vielen kostenpflichtigen Angebote waren da freilich noch nicht mit einbegriffen. Und auch für die Seitenbetreiber war der Zugang zum neuen und vielversprechenden Onlinemarkt teuer, waren für die Umsetzung von attraktiven Videotex-Angeboten doch nicht selten Investitionen von über 100’000 Franken nötig.


Videotex-Werbungen aus den 1980er-Jahren. Museum für Kommunikation
 Mit einem Selbstläufer gerechnet
Der Bundesrat liess sich wiederum rasch überzeugen und genehmigte 1985 auch den regulären öffentlichen Betrieb des Videotex. Und die Verheissungen der PTT schienen sich in der Folge tatsächlich zu bestätigen. Die Anzahl der Abonnentinnen und Abonnenten stieg. 1992 bot Videotex über 90'000 Haushalten Anschluss an ein Netzwerk, das fortan auch mit den Netzen der Nachbarländer verbunden war. Ab diesem Zeitpunkt war es also möglich, sich in die Angebotsseiten anderer europäischer Telefon-Bildschirmtext-Systeme einzuwählen. 1994 knackte Videotex auch noch die bemerkenswerte Marke von 100'000 Teilnehmenden und war mit über 600 vertretenen Firmen der grösste öffentliche Datenverbund der Schweiz.
 Viele Gründe für den Niedergang
Am 30. September 2000 folgte die offizielle Einstellung des Betriebs, der seiner Zeit eigentlich um Jahre voraus gewesen ist.
Geblieben sind die witzigen TV-Spots für Videotex. Museum für Kommunikation
 

