
Flucht in die Schweiz
Die Geschwister Luise und Leopold, Habsburger Adlige, fliehen in die Schweiz – um ihre Lieben leben zu können. Damit entfachen sie einen europäischen Skandal.
Im Dezember 1902 treffen sich beide in ihrem Elternhaus in der Residenz von Salzburg. Dort besprechen sie ihre misslichen Lagen: Luise musste den Thronfolger von Sachsen aus politisch-diplomatischen Gründen heiraten, auch ihre fünf Kinder machen sie nicht wirklich glücklich. Deshalb hat sie sich in den Sprachlehrer ihrer Kinder verliebt, was sich für eine Kronprinzessin gar nicht ziemt. Zudem ist sie mit dem sechsten Kind schwanger, wobei pikanterweise unklar ist, wer die Vaterschaft beanspruchen kann: Ihr Ehemann, der zukünftige König von Sachsen, oder doch der belgische Sprachlehrer André Giron?
Damit stecken Luise und Leopold gleichzeitig in der Bredouille. Sie lieben Menschen, die sie wegen ihrer noblen Herkunft nicht lieben dürfen. Also beschliessen die Habsburger Hochadeligen, dem komfortablen Leben zu entfliehen. In der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 1902 reissen Luise und Leopold aus und fliehen über eine Bedienstetentreppe in den Schlosshof, das Thermometer zeigt in dieser klaren Mondnacht eisige 16 Grad unter null. Ihr Ziel ist die Schweiz.
Kein roter Teppich in Zürich
Leopold hat eines der besten Hotel ausgewählt, das Grandhotel Bellevue. Es steht im Strassendreieck am südlichen Ende des Limmatquais und hat dem benachbarten Bellevueplatz den Namen gegeben: Denn vom Hotel mit seinen vier Etagen und den markanten drei Türmchen aus hat man tatsächlich eine «belle vue» auf den See und die Berge.
Luise zeigt sich perplex, weil er sie nicht darüber informiert hat. Als Wilhelmine freudigen Schrittes auf Luise zugeht und sie überschwänglich begrüsst, ist Luise irritiert und schreibt später: «Die Neuangekommene gehörte sicher nicht in meine Welt», da sie ganz offensichtlich weder eine Ahnung habe von einer gepflegten Konversation unter Damen noch von den einfachsten Anstandsregeln zu Tisch. Eine (ehemalige) Prostituierte benimmt sich eben ganz anders als eine (geflohene) Kronprinzessin.
Dafür trifft Erzherzog Leopold hier in der Stadt Zürich einen weitreichenden Entscheid, er setzt im Hotel einen wichtigen Brief an Kaiser Franz Joseph auf, an das Oberhaupt des Herrscherhauses Habsburg: «Ich bitte Eure Majestät, meine Stellung und Rang als Erzherzog ablegen und den Namen Wölfling annehmen zu dürfen.»


Im Gebälk der jahrhundertealten Habsburgermonarchie knirscht es seit Jahrzehnten bedenklich. Franz Joseph versucht mit eiserner Disziplin das zusammenzuhalten, was nach links und rechts wegzubrechen droht. Deshalb ärgert er sich so sehr auf über diejenigen Familienmitglieder des Hauses Habsburg, die neben der Spur laufen. Zuerst seine Nichte Luise mit ihrer Liebschaft. Und dann die vielen Erzherzöge, die sich daneben benehmen wie dieser Leopold. Das wird Folgen haben...
Luise und Leopold
1902 flüchteten Kronprinzessin Luise und Erzherzog Leopold von Österreich-Toskana in die Schweiz. Die Geschwister wollten dem engen Korsett der Habsburger-Familie entkommen. Das gelang, doch das Leben der beiden wurde zu einem mit Skandalen gespickten Abstieg in eine normale bürgerliche Existenz und endete schliesslich in Armut und Einsamkeit.
Teil 1: Flucht in die Schweiz
Teil 2: Der Skandal wird öffentlich
Teil 3: Der Erzherzog wird Schweizer
Teil 4: Leopold und die Frauen
Teil 5: Regensdorf vs. Erzherzog
Den ausführlichen Weg von Luise und Leopold gibt es im gleichnamigen Buch von Michael van Orsouw zu lesen. Es ist im Verlag Hier und Jetzt erschienen.
Teil 1: Flucht in die Schweiz
Teil 2: Der Skandal wird öffentlich
Teil 3: Der Erzherzog wird Schweizer
Teil 4: Leopold und die Frauen
Teil 5: Regensdorf vs. Erzherzog
Den ausführlichen Weg von Luise und Leopold gibt es im gleichnamigen Buch von Michael van Orsouw zu lesen. Es ist im Verlag Hier und Jetzt erschienen.


