
Das letzte Telefonbuch
2022 erschienen die letzten gedruckten Telefonbücher der Schweiz. Was 1880 in Zürich begann, endet nun für immer. Ein Blick zurück.
Die Geschichte der Telefonbücher ist mit der technischen Entwicklung der Telefonie eng verknüpft. Erste Versuche mit dem neuen Medium Telefon finden in der Schweiz bereits 1877 zwischen Bern und Thun über eine Telegrafenleitung statt. Als Ergebnis hielt ein Adjunkt fest: «Nach den Versuchen, die ich bisher angestellt habe, habe ich den Eindruck erhalten, dass das Telephon ein Wunder im Zustande der Kindheit ist, das noch verschiedene Verbesserungen zu erfahren hat.»
Die Wirtschaft war hingegen von dem neuen Kommunikationsmittel überzeugt. Wilhelm Ehrenberg, ein Unternehmer, der in Zürich aktiv ist, stellt 1880 dem Post- und Eisenbahndepartement ein Konzessionsgesuch, um in Zürich ein Telefonnetz zu bauen. Der Bundesrat entscheidet sich, die Konzession zu erteilen. Damit erscheint das erste Telefonbuch in der Schweiz mit der Bezeichnung «Liste der Sprech-Stationen der Zürcher Telephon-Gesellschaft» 1880 in Zürich. In diesem ersten Telefonbuch der Schweiz – eine dünne Broschüre – gibt es 99 Einträge.




Mit jedem neuen Anschluss sinken die Kosten und die Zunahme der Anschlüsse geht durch das wirtschaftliche Wachstum in den Nachkriegsjahren rasant weiter. Im Jahr 1965 gibt es bereits 1'466'000 Anschlüsse, 1985 folgt ein weiterer Anstieg auf 3'277'000. Die Spitze ist 1995 mit 4'318'000 Anschlüssen erreicht. Auf Grund einer Weisung der PTT von 1992, die bis zur Liberalisierung 1997 Gültigkeit hat, ist ein Eintrag im Telefonbuch für alle Festnetzanschlüsse obligatorisch. Zwischen 1980 und 1997 besitzt praktisch jeder Haushalt in der Schweiz ein Telefonanschluss. Damit ist jeder dieser Haushalte durch einen Telefonbucheintrag erfasst. Da nicht alle Gemeinden Adressverzeichnisse herausgegeben haben, sind die Telefonbücher öffentlich zugängliche Einwohnerverzeichnisse für diese Jahre. Diese Massenproduktion an Telefonbüchern ist eine komplexe Aufgabe in der Herstellung und ein unglaublicher Papierberg. Richard Erismann, ehemaliger CEO Swisscom Directories AG, erinnert sich an eine Schätzung, dass man mit dem Papier aller Telefonbücher eines Jahres einen Eisenbahnwagen von Bern nach Zürich hätte füllen können.
Sammlung von veralteten Telefonbüchern, 1966. SRF
Dieser Blog-Post erschien ursprünglich auf dem Blog des Museums für Kommunikation.