Das Landesmuseum von Süden in einer Luftaufnahme von 1999.
Das Landesmuseum von Süden in einer Luftaufnahme von 1999. Schweizerisches Nationalmuseum

No King? No Queen?

Obwohl ein Museum die Vergangenheit präsentiert, heisst das nicht, dass es sich selbst nicht verändern kann. Vor 25 Jahren war der Rundgang durch die damals 100-jährigen Mauern des Landesmuseums ein anderes Erlebnis als heute. Auf einer Führung durch das Museum von 1998.

Elke Baumann

Elke Baumann

Elke Baumann (*1931) arbeitete von 1994 bis 2007 im Landesmuseum Zürich und ist freie Journalistin und Bloggerin.

Vor genau 125 Jahren wurde das Landesmuseum in Zürich feierlich eröffnet und vor genau 25 Jahren übernahm ich dort eine Führung für eine Reisegruppe aus London. Die erste Frage unserer Gäste war: «Who was the former Swiss King of this Castle?» «No King?» «No Queen?» Nach anfänglicher Enttäuschung waren die Briten aber sehr schnell fasziniert von den prächtigen Exponaten, die sie zu sehen bekamen. In der Zwischenzeit hat sich das Museum gemausert. Hinter seinen Mauern wurde gerumpelt, gehämmert, genagelt, um-, an-, ausgebaut und umorganisiert. Viele Objekte befinden sich heute in anderen Räumen, viele wurden ins Sammlungszentrum Affoltern ausgelagert. Kommen Sie mit auf einen kurzen Rundgang wie vor 25 Jahren: Der Eingang ins Museum ist das mit reichem gotischem Masswerk geschmückte Portal neben der Gotthard Postkutsche von 1849. Mitarbeitende registrieren ihren Arbeitsbeginn und -schluss an einem Zeiterfassungsapparat, Aufsichten und Führungen werden vom Sicherheitsdienst in der Portalloge vermerkt. Der Eintritt ist frei. Mäntel, Taschen und Schirme werden an der betreuten Museums Garderobe abgegeben. Jede Besucherin, jeder Besucher wird mit einem Handzähler erfasst.
Der Eingangsbereich des Museums im Jahr 1998.
Der Eingangsbereich des Museums im Jahr 1998. Schweizerisches Nationalmuseum

Die Glocke der Bürger

Durch die «Sakrale Kunst» geht es direkt zu Raum 3. Hier hängt die «Die Glocke der Bürger» von St. Peter. Von 1294 bis 1880 hing sie mit ihren fünf Schwestern in der Glockenstube der Zürcher St. Peter Kirche.
Die bronzene «Glocke der Bürger» von St. Peter hat einen Durchmesser von 110 cm, ist 112 cm hoch und 843 Kilo schwer. Aufnahme von 1998.
Die bronzene «Glocke der Bürger» von St. Peter hat einen Durchmesser von 110 cm, ist 112 cm hoch und 843 Kilo schwer. Aufnahme von 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
Vermutlich wurde sie wegen ihres Gewichtes in unmittelbarer Nähe der Pfarrkirche gegossen. Abends um 20:30 Uhr vernahm man ihren dumpfen Ton. Und wer nach 21 Uhr in der Zunftstube immer noch beim Bechern sass oder ohne Licht den Heimweg suchte, wurde gebüsst. Übrigens: Eine gute Glocke muss mehr als zwei Minuten nachhallen.

Es klappert die Mühle

Der zweiminütige Nachklang der Glocke begleitet uns ins Untergeschoss zu einer Mühle aus dem 19. Jahrhundert. Das Ansehen des Müllers war lange Zeit nicht gut. Es wurde behauptet, neben jeder Mühle stände ein Sandberg, mit dem das Mahlgut gestreckt würde.
Mühle aus Eggerberg im Oberwallis, ehemals ausgestellt in Raum 11a des Landesmuseums, März 2003.
Mühle aus Eggerberg im Oberwallis, ehemals ausgestellt in Raum 11a des Landesmuseums, März 2003. Schweizerisches Nationalmuseum

Unter die Haube kommen

Im ersten Stock tritt Regula Rollenbutz (1545-1607), die 38-jährige Gattin des Stadthalters Salomon Hirzel, als «Syn Ehelich Husfrow» auf. Die weisse Haube mit Stirnschleier kennzeichnet sie als verheiratete Frau. Sie trägt ein braunes Kleid hochgeschlossen bis zum Hals, schwarze Jacke, schwarze Schürze. Am Gürtel hängt an einer Kordel ein silbernes Besteck (Messer, Wetzstahl). Die Nelke in der Hand zeigt eine Schwangerschaft an.
Bildnis Regula Hirzel-Rollenbutz, 1583.
Bildnis Regula Hirzel-Rollenbutz, 1583. Schweizerisches Nationalmuseum

Familie Bodmer bei Tisch

Vorbei an den Historischen Zimmern kommen wir zum Hirzel-Raum mit seinen beiden prächtigen Kachelöfen, Baujahr 1698. Hier darf die Gruppe das Gemälde der Familie Bodmer aus dem Jahr 1643 nicht verpassen.
Hirzel-Raum mit Kachelofen und Gemälde der Familie Bodmer in der Mitte. Präsentation von 1995.
Hirzel-Raum mit Kachelofen und Gemälde der Familie Bodmer in der Mitte. Präsentation von 1995. Schweizerisches Nationalmuseum
Conrad Bodmer sitzt mit seiner zweiten Frau Anna Barbara Gossweiler an der Stirnseite des Mittagstisches. Sie sprechen mit den von beiden in die Ehe mitgebrachten Kindern das Tischgebet. Schauen wir aber mal auf die Sitzordnung: sechs Knaben sitzen rechts vom Vater, sechs Mädchen links von der Mutter. Logisch! «Der Mann ist Ordnung, Licht, der Himmel – die gute rechte Seite. – Die Frau ist das Dunkel. Das Chaos, die Erde – die unreine linke Seite.»
Conrad Bodmer, Landvogt zu Greifensee, und seine Familie bei Tisch
Im 17. Jahrhundert sah Tischzucht so aus. Das Bild von Johann Jakob Sulzer zeigt Conrad Bodmer, Landvogt zu Greifensee, und seine Familie bei Tisch. Es wurde 1643 gemalt. Schweizerisches Nationalmuseum

Die Waffen­hal­le

Die Waffenhalle ist mit ihrer Fläche von 51 mal 18 Meter und einer Höhe von 16 Metern das damalige Herzstück des Museums und zeugt von Ehre und Ruhm der Nation. Als erwachsene Person betritt man sie mit gemischten Gefühlen. Zu sehr erinnert sie einen an den oft sehr mühsamen und teilweise langweiligen Geschichtsunterricht der eigenen Schulzeit.
Die Ostwand der Ruhmeshalle in einer Aufnahme von 1999.
Die Ostwand der Ruhmeshalle in einer Aufnahme von 1999. Schweizerisches Nationalmuseum
Die Hauptattraktion der Halle ist ohne Frage Ferdinand Hodlers Fresko Rückzug bei Marignano an der Westwand. Das heroische Ausmass der Niederlage der Schweizer wird in einen moralischen Sieg umgewandelt. Die vier mächtigen Bilder und die präsentierten Exponate entschädigen – zumindest in der kalten Jahreszeit – für den ungeheizten Raum. Und wenn Sie uns verlassen, vergessen Sie bitte Mantel, Tasche und Schirm nicht!
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998.
Impressionen aus dem Landesmuseum, anno 1998. Schweizerisches Nationalmuseum
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Feiern Sie mit!

125 Jahre Landesmuseum Zürich
10.06.2023 11.06.2023 / Landesmuseum Zürich
Das Landesmuseum Zürich feiert 2023 sein 125-jähriges Bestehen. Das Jubiläum bietet Anlass, auf die ereignisreiche Vergangenheit des Museums zurückzublicken und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft zu werfen. Höhepunkt der Feierlichkeiten ist das Jubiläumswochenende vom 10. und 11. Juni.

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