
Ein «Schweizer» Präsident für Guatemala
Aus Andelfingen an die Spitze der mittelamerikanischen Republik Guatemala. Die Geschichte von Jacobo Arbenz, der von 1951 bis 54 Präsident von Guatemala war und mit seinen Agrarreformen mächtige Gegner auf den Plan rief.
1950 hatte die Schweizer Kolonie 320 Einwohner, von denen die meisten der unterrepräsentierten Mittelschicht angehörten. 1913 war Jacobo Arbenz in einem dieser Häuser geboren worden. Sein Vater, Hans Jacob, stammte aus dem zürcherischen Andelfingen und zog 1899 im Alter von 16 Jahren nach Guatemala. Dort arbeitete er für seinen Onkel Luis Gröbli, einen Kaufmann aus Frauenfeld. Jacobos Vater eröffnete später eine Apotheke in Quezaltenango, nicht weit von der Hauptstadt Guatemala City entfernt. Jacobos soziales Ansehen verschlechterte sich im Laufe der Zeit allerdings, da sein Vater an Depressionen litt, und schliesslich 1934 Selbstmord beging.


Am 11. November 1950 wurde der 37-jährige Jacobo Arbenz demokratisch zum Präsidenten von Guatemala gewählt. Mit seinen Plänen einer umfassenden Agrarreform und dem Vorhaben, Grossgrundbesitzer gegen eine Entschädigung zu enteignen und das Land an arme Bauern zu verteilen, machte sich der neue Präsident schnell mächtige Feinde. Allen voran die US-Firma United Fruit Company (UFC), heute bekannt unter dem Namen Chiquita. UFC war die grösste Landbesitzerin und kontrollierte grosse Teile der Infrastruktur Guatemalas, darunter Eisenbahnlinien, Stromnetze und Guatemalas einziger Schiffhafen zum Atlantik, Puerto Barrios. Das Unternehmen lancierte eine «PR-Kampagne» gegen die Regierung Arbenz. Hauptbotschaft: In Guatemala wird mit Hilfe der Sowjetunion ein kommunistisches Regime aufgebaut. Auf dem Höhepunkt der McCarty-Ära, dem fanatischen Kampf der USA gegen den Kommunismus, war so eine Unterstützung der US-Regierung eigentlich eine reine Formsache. Und mitten drin, die Brüder Dulles.


Die Verbindung zwischen UFC und der US-Regierung trug sehr schnell «Früchte». Ausgerüstet und finanziert vom CIA und unterstützt von den benachbarten Diktaturen Honduras und El Salvador stürmen am 18. Juni 1954 einige hundert Putschisten ins Land und stürzten Jacobo Arbenz. Auch weil dieser – beeinflusst von der Propaganda der USA – die Stärke des Gegners unterschätzt hatte.
Der Coup der USA von 1954 in Guatemala. YouTube
Jacobo Arbenz beantragte die Schweizer Staatsbürgerschaft nie, weil er befürchtete, seine guatemaltekische Staatsbürgerschaft zu verlieren und damit auch die Möglichkeit, eines Tages in die guatemaltekische Politik zurückzukehren. Auch die Schweiz, die dem diplomatischen Druck der USA vollständig nachgegeben hatte, unternahm keinen Versuch, ihm dauerhaftes politisches Asyl zu gewähren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Präsidentschaft von Jacobo Arbenz in der Geschichte Guatemalas von entscheidender Bedeutung war, da er kühn versuchte, soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten durch Landreformen und den Ausbau der Infrastruktur zu beseitigen. Seine Bemühungen hatten durchaus positive Seiten für das Land, etwa die Stärkung der Bauern, die Gewährung einer freien Oppositionspresse oder die Modernisierung. Doch der Konflikt mit mächtigen Interessengruppen und die Eimischung der USA aufgrund der Dynamik des Kalten Krieges beendeten seine Amtszeit abrupt.
Der Putsch, der ihn 1954 zu Fall gebracht hatte, wirkte sich in den folgenden Jahren negativ auf die politische Stabilität und die Wirtschaftslage in Guatemala und in ganz Lateinamerika aus. Genau das Gegenteil von dessen Jacobo Arbenz geträumt hatte.