
Die Protestanten von Locarno
Es wird oft vergessen, dass Locarno ein Brennpunkt der konfessionellen Konflikte war. Die Protestanten in Locarno und ihre anschliessende Vertreibung im Jahr 1555 lösten unter den Eidgenossen heftige Auseinandersetzungen und grosses Misstrauen zwischen den Konfessionen aus.

Kurz darauf bildete sich langsam ein protestantisches Netzwerk von Predigern und Pädagogen, aus dem sich die evangelische Gemeinde von Locarno entwickelte. Der Priester und Schulmeister Giovanni Beccaria, der ab 1535 in der Umgebung von Locarno tätig war, trug entscheidend zur Gründung der reformierten Gemeinde bei. Beccaria stammte aus einer prominenten Mailänder Familie und war Lehrer an einer angesehenen Schule, die an das Kloster San Francesco in Locarno angeschlossen war. Irgendwann um das Jahr 1539 erlebte Beccaria sein evangelisches Erwachen – er stellte fest, dass das Heil allein durch den Glauben erreichbar sei. Aus Angst vor Repressalien versuchte Beccaria zunächst, religiöse Kontroversen zu vermeiden, indem er evangelische Predigten hielt, während er die katholische Messe weiterhin respektierte.

Die Rolle der Deutschschweizer Reformatoren und Politiker war ebenfalls entscheidend für die Etablierung des Protestantismus in Locarno. Der protestantische Landvogt Joachim Bäldi aus Glarus sorgte in den 1540er-Jahren für einen stetigen Strom protestantischer Texte und Pamphlete nach Locarno, und Beccaria trat 1544 in einen regen und freundschaftlichen Briefwechsel mit dem in Zürich ansässigen Reformatoren Konrad Pelikan.

Die Zahl der Gläubigen nimmt von Tag zu Tag zu, obwohl der Antichrist durch seine Irrlehrer nicht aufhört, diejenigen zu unterdrücken, von denen er weiss, dass sie reine und treue Ansichten über Christus haben.



Die Kirche ist der Weinberg Gottes.


Tafelbilder aus dem 17. Jahrhundert berichten von den Geschehnissen bis zur Auswanderung der protestantischen Familien aus Locarno nach Zürich. Privatbesitz Familie von Orelli / Foto: Archiv der Familie von Muralt in Zürich


