
Das Freiburger «Funi»: Die Abwasserbahn
Seit 125 Jahren fährt das «Funiculaire» in der Stadt Freiburg mit erneuerbarer Energie der besonderen Art: mit Abwasser. Das denkmalgeschützte «Funi» ist ein wichtiger Zeitzeuge der Freiburger Industrialisierung.
In Freiburg begann die Berner Giesserei der Von-Roll-Eisenwerke daher im März 1898 mit dem Bau einer Bahn, für deren Antrieb das Gewicht des Abwassers aus der Oberstadt sorgen sollte. Die Anlage wurde an die Kanalisation der Stadt angeschlossen, damit der eine der beiden Waggons an der Bergstation 2700 Liter Abwasser in seinen zwischen den Achsen montierten Tank aufnehmen konnte. Der mit einem zweieinhalb Zentimeter dicken, über eine mächtige Umlenkrolle laufenden Drahtseil verbundene zweite, an der Talstation stehende Wagen entleerte derweil seinen Tank, so dass das Übergewicht des oberen Wagens ausreichte, bis zu 20 Personen nach oben zu befördern.
Bis heute wird das noch immer weitgehend im ursprünglichen Zustand befindliche, wie ehedem grün lackierte «Funi» mit gefiltertem Abwasser betrieben. Und weil das mit den Dichtungen eben so eine Sache ist, kann man den Antrieb auch jederzeit riechen. Geruch hin oder her, das «Funiculaire» ist die letzte Standseilbahn mit Wasserballastantrieb der Schweiz und eine der letzten in ganz Europa. Es steht im Inventar der nationalen Kulturgüter, dient als Touristenattraktion – und, wie am ersten Tag, als zuverlässiges Verkehrsmittel für Freiburgerinnen und Freiburger, die den Weg von der Unter- in die Oberstadt nicht unter die Füsse nehmen wollen.


