
Die berühmteste Hebamme der Schweiz
Marie Colinet, eine Genferin und Pionierin der Medizin, schrieb im 16. Jahrhundert Geschichte. Als Hebamme und Ärztin führte sie innovative Verfahren ein – darunter den ersten erfolgreichen Kaiserschnitt der Schweiz.
Marie Colinet wurde um 1560 in Genf geboren. Ihre Familie hatte für sie eine klassische Rolle vorgesehen: Marie sollte Hebamme werden. Doch sie wollte mehr. Viel mehr. 1587 begegnete sie dem Chirurgen Guillaume Fabri, was ihr Leben und ihre Karriere grundlegend veränderte. Mit Fabri, einem der bekanntesten Mediziner dieser Zeit, verband sie nicht nur die Liebe, sondern auch eine Vision: Medizin zu schaffen, die Leben rettet, auch wenn es noch so riskant ist.
1603 kam schliesslich der grosse Durchbruch: Marie führte ihren ersten Kaiserschnitt in Payerne (VD) durch – und schaffte es, sowohl Mutter als auch Kind zu retten. Eine Sensation, die sich wie ein Lauffeuer verbreitete. Plötzlich kannte ganz Europa ihren Namen. Marie Colinet, die «berühmteste Hebamme der Schweiz», war geboren. Kaiserschnitte waren zu dieser Zeit sehr selten. 100 Jahre vor Colinet soll Jacob Nufer, ein Tierkastrator aus der Region Thurgau, als Erster im Land seine Frau operiert haben.
Ihren vielleicht kühnsten Einfall hatte Colinet 1624: Sie zog einem Patienten mit Hilfe eines Magneten einen Eisensplitter aus dem Auge. In einer Zeit, in der die meisten Ärzte noch an Aderlass und Blutegel glaubten, bewies sie damit nicht nur Genialität, sondern auch die Entschlossenheit, ein Risiko einzugehen und etwas Neues zu versuchen.
Guillaume starb 1634, doch Marie blieb bis zu ihrem eigenen Tod 1638 eine unvergleichliche Figur der Medizin. Sie, die sich den damals geltenden Regeln widersetzte, die Grenzen sprengte und vielen Männern zeigte, dass auch Frauen in der Wissenschaft an vorderster Front stehen können, wurde 78 Jahre alt.
Marie Colinet war mehr als nur eine Ärztin und Hebamme – sie war eine Revolutionärin, die mit einem Magneten, einer Salbenmischung und einer unerschütterlichen Überzeugung die Medizin nachhaltig veränderte. Ihr Name mag heute weniger bekannt sein als der ihres Mannes, doch ihre Leistungen sind ein Denkmal für das, was Frauen erreichen können, wenn sie an sich glauben.


