
Abenteuer und Bildung zum Pauschalpreis
Alfred Bertrand (1856-1924) und Emilio Balli (1855-1934) brachen am 1. August 1878 in Marseille zu ihrer Weltreise auf. Damit gehören sie zu den ersten fünf Schweizer Touristen, die eine Weltreise unternommen haben.
Das änderte sich 1869 mit der Eröffnung des Suezkanals und der Eisenbahnverbindung zwischen den beiden Küsten der Vereinigten Staaten. Der französische Geograf Vivien de Saint-Martin schrieb damals: «Eine direkte und ununterbrochene Linie, die durch das schnelle Mittel des Dampfes bedient wird, umschliesst jetzt den gesamten Globus». Die Welt privat und zu seinem Vergnügen zu umrunden, war nun möglich. Diese neue Perspektive inspirierte Jules Verne zu seinem 1872 veröffentlichten Roman «Reise um die Erde in 80 Tagen», der Weltreisen noch populärer machte.
1869 starteten die ersten Touristen zu einer Weltreise. Drei Jahre später nahmen acht Touristen an einer Pauschal-Weltreise teil, angeboten durch Thomas Cook. Ab 1873 bis zu seinem Tod im Jahr 1892 organisierte er jedes Jahr eine solche Pauschalreise um die Welt.
Thomas Cook, Erfinder der Pauschalreise
Der Engländer Thomas Cook organisierte am 5. Juli 1841 für rund 500 Personen eine Eisenbahnreise von Leicester in die Nachbarstadt Loughborough zu einem Abstinenzlertreffen. Als überzeugter Alkoholgegner wollte er der Arbeiterklasse mit dieser Reise eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten. Im Angebotspreis waren nebst dem Transport und der Organisation auch ein Schinkenbrot und eine Tasse Tee enthalten – die Idee der Pauschalreise war geboren.
Eine innovative Kombination
Die Kombination einer Pauschal-Weltreise mit einer Bildungsreise, wie sie seit mindestens dem 16. Jahrhundert von den Anhängern der Grand Tour praktiziert wurde, war eine Innovation. Ursprünglich für 1877 geplant, wurde die Reise um ein Jahr verschoben – wahrscheinlich gab es nicht genügend Anmeldungen. Die Preise der Reise waren denn auch hoch: 15’000 Francs für die Reise in einer Dreierkabine und 25’000 Francs für eine eigene Kabine. Zum Vergleich: 1878 verdiente ein Arbeiter ohne Verpflegung in der Kleinindustrie in Paris durchschnittlich 5,18 Francs pro Tag.

Der 1856 in Genf geborene Alfred Bertrand war der jüngste Teilnehmer der Expedition. Er freundete sich schnell mit dem ein Jahr älteren Emilio Balli aus dem Tessin an. Ein weiterer Genfer, Alfred Audéoud, war nur beim ersten Teil der Reise dabei.
Die Reise der SVEAM
Nach Zwischenstopps in Gibraltar und Madeira erreichte die Reisegruppe São Vicente als Ersatz für Dakar, wo gerade eine Gelbfieberepidemie ausgebrochen war. Nach 15 Tagen Überfahrt lief das Schiff am 3. September in die Bucht von Rio de Janeiro ein. La Junon fuhr weiter nach Montevideo und Buenos Aires. Sie überquerte die Magellanstrasse und erreichte Valparaiso am 13. Oktober, Callao am 30. Oktober und Panama am 14. November.

In Panama wurde die SVEAM-Reise aufgrund einer finanziellen Unstimmigkeit zwischen dem Unternehmen und dem Schiffseigner abgebrochen. Die Besatzung fuhr mit dem Schiff zurück nach Marseille. Die Rückreise verlief unter dramatischen Bedingungen, da an Bord eine Gelbfieberepidemie ausbrach. Sieben Besatzungsmitglieder starben während der Überfahrt von Rio de Janeiro nach Marseille. Die SVEAM überlebte den Misserfolg ihrer Reise nicht und wurde kurz darauf aufgelöst. Die meisten Reiseteilnehmer kehrten via New York über die Agentur von Thomas Cook nach Europa zurück. Eine Handvoll Reisende beschloss, ihre Weltumrundung fortzusetzen.
Die zweite Hälfte der Weltumrundung
Für die beiden jungen Männer war es eine echte Initiationsreise. Alfred Bertrands Witwe bestätigte dies 1925: «Diese Expedition weckte nicht nur seine Vorliebe für ferne Kreuzfahrten, seine Beobachtungsgabe, seine Liebe zur Unabhängigkeit und seine unermüdliche Ausdauer bei der Überwindung von Hindernissen, sondern härtete auch seinen moralischen Charakter stark ab. Er kehrte, wie er selbst sagte, gereift zurück.»

Eine gut dokumentierte Reise
Weltreisen. Von Jules Verne bis zu den ersten Globetrottern
In den 1870er-Jahren entstand ein neuer Reisetypus: der Globetrotter nach dem Vorbild von Phileas Fogg. Die Wechselausstellung begibt sich auf die Spuren von Tausenden von Touristen, die zwischen 1869 und 1914 die Welt umrundeten, vorwiegend aus dem Westen und wohlhabend. Unter ihnen waren auch mehrere Schweizerinnen und Schweizer, die Berichte, Erinnerungen und Sammlungen von Gegenständen mitbrachten.