
Von Männersache zu Mädchentraum
Ponys als samtigweiche Projektionsfläche weiblichen Einfühlungsvermögens, Reiten als pinker, herzchenförmiger Mädchentraum. Bei der heutigen Präsenz dieses kulturellen Bildes wird schnell übersehen, dass dieses Narrativ erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts entstand.
 Für das Militär bedeutete es jedoch, dass Strukturen geschaffen werden mussten, welche die «Kavalleristen» zum «ausserdienstlichen Reiten» animieren würden. Im Kriegsfall wollte die Schweizer Armee schliesslich stramme Reiter mit dienstfähigen Pferden und nicht aus der Übung gekommene Bauern mit ihren Ackergäulen einziehen. Diesen Zweck sollte der Turniersport erfüllen. Die Armee wurde dadurch zur alleinigen «Förderin des Reitsportes», wie es in Reiten und Fahren: ein Schweizer Handbuch von 1924 zu lesen war.
 
 Als das Pferd in der Nachkriegszeit sich vermehrt von einem Arbeits- zu einem Freizeitpartner wandelte, erhielten jene Werte grösseres Gewicht, die stereotypen Weiblichkeitsvorstellungen näherstanden. Anstelle von Unterwerfung und Dominanz strebte das neue Ideal eine Beziehung an, die auf Vertrauen, Empathie und Verständnis basierte. Die Leistungsfähigkeit trat gegenüber der emotionalen Verfügbarkeit des Tieres zurück, dessen Nutzen gegenüber seiner Pflege, die Zweckgemeinschaft wurde zu einer Partnerschaft.


 
 
 Swiss Sports History

Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit Swiss Sports History, dem Portal zur Schweizer Sportgeschichte, entstanden. Die Plattform bietet schulische Vermittlung sowie Informationen für Medien, Forschende und die breite Öffentlichkeit. Weitere Informationen finden Sie unter sportshistory.ch.
 

