
High Heels – Höhepunkte der Modegeschichte
Stabil auf hohem Niveau ist die Beliebtheit von High Heels, die heute vorwiegend Frauenfüsse zieren, während sich einst Männer in «Hacken» auf Eroberungsfeldzug begaben – hoch zu Pferd. Ein Blick auf die Kulturgeschichte des Absatzes zwischen Mythos, Mode und Macht.
Objekte der Sehnsucht und Begierde
Neben dem primären Nutzen eines jeden Schuhs, den Fuss beim Gehen zu schützen und im Nebeneffekt als Accessoire einen möglichst stilvollen Akzent zur Kleidung zu setzen, erfüllen Absatzschuhe zusätzlich ästhetische Bedürfnisse wie das «Strecken» der eigenen Körpergrösse und die optische Verlängerung der Beine. Je höher die Absätze, desto mehr verlagert sich der Körperschwerpunkt. Die notwendigen Ausgleichbewegungen für die Balance beim Gehen führen zu Hüftbewegungen, die oft als sinnlich und verführerisch interpretiert werden. Alles in allem können das veränderte Erscheinungsbild und die neue Körpersprache ein gesteigertes Selbstbewusstsein, ja sogar ein Gefühl von Stärke gegen innen und aussen vermitteln. Oder in den vielzitierten Worten, die gerne Marilyn Monroe zugeschrieben werden: «Gib einer Frau die richtigen Schuhe und sie kann die Welt erobern».
Persische Krieger als Vorreiter
Der Absatz als Adels- und Hoheitszeichen
Als Hoheitszeichen der Sonderklasse galt ab Mitte des 17. Jahrhunderts der leuchtrote Absatz. Der prominenteste Träger dieser Extravaganz war der eher kleingewachsene «Sonnenkönig» Ludwig XIV., der sich seinem namensgebenden Zentralgestirn in hochhackigen Schuhen um einige Zentimeter näher fühlen durfte.
Als sich Frauen den Absatz zu eigen machten
Nach dem Niedergang die Wiederauferstehung
Dank der sich ausbreitenden industriellen Massenproduktion konnte sich inzwischen eine wachsende weibliche Käuferschaft aus gut situierten Verhältnissen schlichtere Absatzschuhe leisten, während luxuriöse handgefertigte Modelle für die zahlkräftige Klientel nach wie vor auf Mass gefertigt wurden. In den «goldenen» 1920er-Jahren, als kurze Röcke die Beine wieder ins Blickfeld rückten, die Schuhe als Accessoire wieder vermehrt in den Fokus rückten und die Absätze höher wurden, waren auch in der Schweiz vermehrt elegantere Absatzschuhe an Frauenfüssen zu sehen, wobei es sich meistens um Pumps in eher dezenterer Form- und Farbgebung handelte.
Schweizer Absatzschuhe für die Frau von Welt
Das Kommen und Gehen der Plateauschuhe
Chopinen mit extrahoher Plateausohle wurden vom 15. bis 17. Jahrhundert in Spanien und Italien von Patrizierdamen und in Venedig von Kurtisanen getragen, um sich und ihren – sozialen oder erotischen – Status förmlich vom gemeinen Volk abzuheben und sich quasi auf ein Podest gestellt in erhöhter Position zu präsentieren.


Plateauschuhe mit Absätzen waren gegen Ende der 1960er-Jahre wieder zurück, wo sie während rund zehn Jahren von Frauen und Männern fleissig getragen wurden. Katalysatoren für deren Beliebtheit waren die Musikidole des Disco-Funks und Glam-Rocks, darunter – in ihren frühen Jahren – Elton John, David Bowie und Freddie Mercury oder Bands wie Sweet, Kiss oder New York Dolls. Sie trieben ihre Bühnenauftritte mit ausgefallenen Outfits auf die Spitze und vollführten in exaltierten Absatzschuhen mit Plateau den Balanceakt zwischen Glitzerwelt und Subversion.
Männer und High Heels in den letzten Jahrzehnten
Doch im Grossen und Ganzen ist es seit den 1980er-Jahren vorwiegend die Frau, die mit High Heels in Verbindung gebracht wird. Eine bekannte Ausnahme war der legendäre Musiker, Sänger und Entertainer Prince. Nur 1,58 Meter gross, bewegte er sich fast ausschliesslich in «Killer Heels». Dies wurde ihm, nomen est omen, zum tödlichen Verhängnis – jedenfalls indirekt: Aufgrund anhaltender Hüftschmerzen, verursacht durch das exaltierte Tanzen in zehn Zentimeter hohen Stiefeletten – er besass hunderte davon –, war Prince jahrelang medikamentenabhängig. 2016 starb er an einer Überdosis des umstrittenen Schmerzmittels Fentanyl.
Sexismus oder «Empowerment»?
Kommt hinzu: Im Zeitalter, in dem Bequemlichkeit in der Mode einen hohen Stellenwert geniesst und Sneakers ebenso selbstverständlich zum Anzug getragen werden wie Bikerstiefel zum Kleid, scheiden sich die Geister über Sinn und Zweck von High Heels. Einige sehen im Tragen solcher Schuhe die Unterwerfung unter ein sexistisches Modediktat auf Kosten von Gesundheit und Bewegungsfreiheit. Diese Kritik kontern andere damit, dass High Heels Instrumente und Symbole der weiblichen Selbstbestimmung sowie des feministischen «Empowerments» seien.
Accessoires. Objekte der Begierde
Accessoires waren schon immer mehr als blosse Dekoration: Hüte, Foulards, Handschuhe, Taschen und Schuhe spiegeln soziale, politische und religiöse Zugehörigkeiten, demonstrieren Macht und Status, schützen und formen den Körper oder stehen für modischen Fortschritt. Die Ausstellung zeigt anhand von Objekten aus der Sammlung des Schweizerischen Nationalmuseums, wie Accessoires vom gesellschaftlichen Wandel geprägt sind. Von den strikten Kleidervorschriften der frühen Neuzeit bis zum Spiel mit den Geschlechternormen der Gegenwart wirft die Ausstellung einen Blick auf Modegeschichte «von Kopf bis Fuss».


