
Brandstifter und Hellseher vor Gericht
Ein Garagist aus Zürich kauft sich 1948 ein ehemaliges Luxushotel auf der Rigi. Zehn Tage später brennt es bis auf die Grundmauern nieder. Der Prozess wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrug fesselt damals die ganze Schweiz – unter anderem, weil bei den Ermittlungen ein Hellseher eine zentrale Rolle spielte.
Das grosse Interesse mag zum einen mit der äusserst bewegten Geschichte des Hotels First zu erklären sein, zum andern aber auch mit der abenteuerlichen Lebensgeschichte des Angeklagten. Das Hotel First war 1875 eröffnet worden, kurz nach dem Start der Vitznau-Rigi-Bahn, der ersten Bergbahn Europas. Der Berg wurde damals richtiggehend von Touristen gestürmt, was zu einer eigentlichen Goldgräberstimmung führte: Die Firma Regina Montium erstellte in Rekordzeit mehrere neue Bahnen und Hotels, unter anderem jenes auf Rigi-First. Sie hatte sich aber finanziell überhoben und musste nach kurzer Zeit Konkurs anmelden.
Die Versteigerung hatte am 15. Juli 1948 stattgefunden. In der Nacht auf den 25. Juli entdeckte der Wächter des leerstehenden Hotels von der benachbarten Dépendance aus das Feuer, das rasch um sich griff. Als die Feuerwehr vom nahen Kaltbad 20 Minuten später am Brandort eintraf, konnte sie schon nichts mehr ausrichten, das Hotel brannte lichterloh. Der Wächter wollte noch das wertvolle Silber aus dem 160-Betten-Haus retten, der immer dichter werdende Rauch verhinderte die Aktion aber. Immerhin will er eine Chiantiflasche mit Petrol und Spuren des Brandbeschleunigers auf dem Teppich gesehen haben. Vor Gericht verstrickte sich der Mann später aber in Widersprüche.
In erster Instanz wurde Dubs unter anderem auch deshalb verurteilt, weil ein Zeuge gesehen haben wollte, wie er in Walchwil am Zugersee zwei Männern Geld übergeben haben soll – offenbar den Lohn für die Brandstiftung. Erkannt wurde der Angeklagte an seinem charakteristischen Gesichtszucken. Der Zeuge hatte die drei Männer im Flüsterton reden gehört.
Hellseher hilft der Anklage
Erste Seance: Das Medium wird in Trance versetzt. Man legt ihm ein Foto von Dubs auf den Bauch. Das Medium beschreibt den Mann und sein Auto, sagt, dass er mit dem Brand zu tun habe. Brandstifter seien aber zwei Personen, die Blechbüchsen mit Brennstoff dabei gehabt hätten.
Zweite Sitzung. Was hat Dubs am 26. Juli 1948 gemacht? Das Medium gibt Hinweise auf das Walchwiler Treffen und sieht ein Werbeschild mit der Aufschrift «Prima Fischküche». Ein kleiner Bauer, der in der Nähe der Bahnlinie wohne, soll gleichzeitig im Restaurant gewesen sein. Die Polizei stellt später fest, dass es nur ein Restaurant mit dem entsprechenden Schriftzug gibt. Ein kleiner Mann aus der Nachbarschaft war am Abend tatsächlich da, allerdings ist er Dachdecker und nicht Bauer.
Und dieser Dachdecker wurde schliesslich von der Polizei ausfindig gemacht und verhört. Zwei Monate nach dem Brand. Dass der Hellseher von den betroffenen Versicherungen ins Spiel gebracht worden war, die für den entstandenen Feuerschaden zahlen mussten, half der Glaubwürdigkeit der Anklage ebenso wenig wie das Fehlen jeglicher Erwähnung des Mediums in den Akten.
Freispruch mangels Beweisen
Dann wird ein Mann in Begleitung eines Polizisten hereingeführt. Das sei Dubs, sagt der Zeuge. Es handelt sich aber um eine zufällig ausgewählte Person, die dem Zürcher ein wenig gleicht. Dann tritt Karl Dubs selber auf. Ja, das sei er jetzt, ganz bestimmt, sagt der Zeuge. Nach dieser Demontage des wichtigsten Zeugen bleibt dem Gericht nur noch der Freispruch mangels Beweisen. Da haben selbst die «übernatürlichen» Methoden der Privatkläger nicht geholfen.
Nur drei Jahre später kam es auf der Rigi zur grossen Brandkatastrophe in einem anderen Hotel. 180 Gäste und 60 Angestellte befanden sich im Grandhotel Kaltbad, als am 9. Februar 1961 das Feuer ausbrach. Ein Feuerwehrmann berichtete später in der NZZ von einem «Bild grenzenloser Panik». Viele Menschen standen vorn noch an den Fenstern, während im hinteren Bereich schon die Flammen aus den Fenstern schlugen. Durch einen Sprung in den hohen Schnee konnten viele ihr Leben retten, elf Menschen starben aber beim Brandunglück. Erst viel später stellte sich heraus, dass es sich auch in diesem Fall um Brandstiftung handelte: Ein offenbar frustrierter Angestellter hatte das Matratzenlager des Hotels angezündet.


