Pablo Picasso, 1963.
Keystone/Fondation Horst Tappe

Picasso: Ja oder Nein?

In Basel wurde 1967 über Picasso abgestimmt. Grund dafür waren die Schulden einer bankrotten Schweizer Fluggesellschaft, die gedeckt werden mussten.

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer ist Historiker und Autor.

Die «Globe Air» war die Sternschnuppe der Schweizer Luftfahrt. 1961 war sie gestartet, schon drei Jahre später überholte sie die Balair, startete Langstreckenflüge und legte sich mit der Swissair und dem Luftamt an. 1965 war sie bereits hoffnungslos in Schieflage und 1967 konnte auch der kreative Buchhalter den Konkurs nicht mehr verhindern.

Hauptaktionär der «Globe Air» war Peter G. Staechelin, ein Mitglied des Basler «Daigs». Um die Forderungen der Gläubiger decken zu können, verkaufte er aus seiner Privatsammlung Bilder von Cézanne, Monet, van Gogh und Sisley. Zuletzt hätten auch zwei Picasso-Bilder verkauft werden sollen, welche bis dahin als Leihgaben im Basler Kunstmuseum gehangen hatten: «Les deux frères» und «Arlequin assis». Obwohl höhere Angebote aus Übersee vorlagen, offerierte Staechelin die Bilder der Stadt Basel für 8,4 Millionen Franken.

Eine Maschine der Globe Air 1966 in London.
Wikimedia / Richard John Goring

War es die Liebe der Fasnachtsstadt zum Harlekin? Jedenfalls brach ein Picasso-Fieber aus. «Tout Bâle» organisierte «Bettlerfeste», putzte Schuhe, verkaufte warme Mahlzeiten oder leerte den Weinkeller für diesen guten Zweck. Sogar auf Trambillets konnte ein Picasso-Zuschlag entrichtet werden. Die chemische Industrie rundete das Sammelergebnis grosszügig auf 2,4 Millionen Franken auf. Also fehlten noch 6 Millionen und die wollte die Stadtregierung aus öffentlichen Mitteln beisteuern. Kunstferne Kreise ergriffen dagegen jedoch das Referendum. Am 17. Dezember 1967 kam es deshalb zum international beachteten Plebiszit. Wie stand das einfache Volk zur grossen Kunst? War es bereit, Millionenbeträge für einzelne Bilder auszugeben? Reporter aus aller Welt warteten gespannt auf das Ergebnis.

Ja! 54,2 Prozent der Stimmenden befürworteten den Kauf der Bilder. Die zwei Brüder und der Harlekin konnten im Kunstmuseum bleiben. Und Picasso selbst war über den Ausgang der Abstimmung so erfreut, dass er der Stadt vier weitere Bilder schenkte. Diese revanchierte sich mit der Benennung des Picasso-Platzes.

Natürlich hatte Basel schon vor 1967 nicht gerade ein kulturelles Schattendasein gefristet. Aber Picassos Geschenk war ein Paukenschlag, der international für Aufsehen sorgte, dem Kunstmuseum eine der grössten Picasso-Sammlungen weltweit bescherte und zeigte, was in Basel alles möglich war. Ermutigt von der Erfahrung lancierten Kunstliebhaber drei Jahre später eine Messe, die sie «Art Basel» nannten. Einige Jahrzehnte später wurde aus ihr eine der grössten Kunstmessen der Welt. Einer der Initianten der «Art» war Ernst Beyeler, der Riehener Galerist, der seine Sammlung 1997 in eine «Fondation» umwandelte und damit das künstlerische Angebot am Rhein um ein weiteres Bijou erweiterte.

Dokumentarfilm über das Picasso-Wunder von Basel.
SRF

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