
Hölzerne Zeitzeugen in einer Auszeit
Seit dem 17. Jahrhundert stehen zwei stattliche Holzfiguren auf dem Uhrturm des Rathauses von Freiburg als Glockenschläger im Einsatz. Die Renovation des Gebäudes gewährt ihnen jetzt eine Auszeit – und bietet Gelegenheit für besondere Einblicke.
Aber immerhin: Die rechte Hand der beiden Figuren fährt mit dem Hammer dank eines beweglichen Arms gut synchronisiert in Richtung der Glocken, wenn diese ertönen. Für alle, die unten am Turm stehen, entsteht so der Eindruck, die zwei seien wirklich das, was ihre Funktionsbezeichnung verspricht: Glockenschläger.

Ausdruck grossen Wagemuts
Die beiden Figuren stammen aus der Werkstatt von Jean-François Reyff (ca. 1614-1673). Reyff war ein gefragter Ingenieur und Bildhauer. Er hatte vor allem religiöse, aber auch weltliche Skulpturen in seinem Repertoire.

Wie die Galionsfigur am Bug eines Schiffes
Das Rathaus liegt am obersten Ende des Burgquartiers, also des historischen Kerns der Stadt, auf einer steil abfallenden Plattform hoch über der Saane. Dort ragt der Turm wie eine Galionsfigur am Bug eines Schiffes denen entgegen, die von Westen her ankommen. Er drängt sich förmlich vor den Turm der St. Niklaus-Kathedrale, der etwa 150 Meter weiter hinten steht. Eine Inszenierung weltlicher Macht.
Welch wichtige Rolle dabei den beiden Glockenschlägern zugedacht war, zeigt der Umstand, dass Reyff auf Geheiss der Obrigkeit keine anderen Aufträge annehmen durfte, bis er die Figuren geliefert hatte. Sie sollten also möglichst bald allen zeigen können, was es geschlagen hat.

Drei Monate Arbeit für einen Holzbildhauer
Diese Auszeit bietet Gelegenheit für einen besonderen Blick auf die beiden Figuren, die jetzt in Handarbeit nachgebildet werden. Wie einst in der Werkstatt von Reyff wird dafür wieder Eiche verwendet, wegen der Beständigkeit. Die Härte des Holzes beschert dem Holzbildhauer drei Monate Arbeit für jede der beiden originalgetreuen Kopien. Voraussichtlich noch im Jahr 2021 sollen die beiden «Jacquemarts» an ihrem vorgesehenen Platz angebracht werden.
Die mannshohen Figuren wiegen etwa 150 Kilogramm. Alles wird aus einem Stück Holz gehauen, ausser der rechte Arm. Dieser entsteht aus einem zweiten Stück. Er wird schliesslich mit einem Gelenk am Torso angebracht, damit er sich bewegen kann – und es nach der Auszeit dann wieder ganz so aussieht, als ob die beiden Glockenschläger die Glocken schlügen.


Die Glockenschläger («Jacquemarts») von Jean-François Reyff in den Farben des Staates und der Stadt Freiburg, um 1643. Museum für Kunst und Geschichte Freiburg