
Schlägerei im Bundeshaus
An einem heissen Junitag im Jahr 1930 geraten sich zwei Nationalräte in die Haare. Nach einem hitzigen Wortwechsel werden die Politiker handgreiflich.
Begonnen hatte alles mit einer harmlosen Debatte: Der Bundesrat berichtete über die zehnte Völkerbundsversammlung, an der unter anderem darüber diskutiert worden war, wie das Betäubungsmittel-Abkommen noch besser umgesetzt werden konnte. Die Schweiz hatte diese Vereinbarung, die eine scharfe Kontrolle und Überwachung der Rauschmittelproduktion festgelegt hatte, 1925 in Genf unterschrieben. Drogen sind schlecht, das ist unbestritten. Auch in der Politik. Nächstes Traktandum. Halt! Nicht so schnell. War da nicht noch etwas? Der Basler Kommunist Franz Welti schüttete ein wenig Öl ins Ratsfeuerchen, das an diesem heissen Junitag nur noch schwach vor sich hinflackerte.


Lügner, Tier, Feigling!
Dollfus: Er hat eine Ohrfeige erhalten. Die hat er verdient, dieses Tier.
Lärm im Saal.
Dollfus: Herr Präsident, meine Herren. Ich habe dem Abgeordneten Bringolf eine Ohrfeige verpasst, weil er mich einen Lügner genannt hat. Ich lasse mich nicht als Lügner bezeichnen. Der Abgeordnete Bringolf hat erhalten, was er verdient.
Graber versucht, zu beschwichtigen, ist aber erfolglos. Walther Bringolf verlangt das Wort.
Bringolf: Ich verlange auch das Wort, wenn Herr Dollfus das Wort zu einer persönlichen Bemerkung erhalten hat.
Rufe im Saal: Use, use!
Graber: Es gibt nichts zu erklären.
Bringolf: Herr Dollfus hat das Recht gehabt, eine Erklärung abzugeben. Ich muss sagen, dass die Worte, die er hier bekanntgegeben hat, eine Unwahrheit enthalten.
Graber: Es wird keine Debatte über dieses Thema geben. Man kann keine Erklärung über ein Thema machen, das nicht zur Diskussion steht.
Jemand ruft, Dollfus hätte sich auch erklären können.
Graber: Herr Dollfus hat sich geirrt.
Bringolf: Herr Dollfus wendete sich gegen mich und zog die Hand hoch, ohne dass ich damit gerechnet hatte, weil ich glaubte, einem gut erzogenen Bürger gegenüberzustehen, und er schlug mich. Das ist nicht schlimm. Aber der Feigling retirierte sich dann hinter andere Leute, als ich zum Gegenschlag ausholen und ihm auch eine «herunterputzen» wollte. Das ist eine Feigheit. Dann schwingt er sich noch auf zu einer Erklärung unter dem Schutze seiner Kollegen, die mich davon abhielten, ihm die Sache zurückzugeben. Und so ein Mensch ist Oberst in der eidgenössischen Armee – in meinen Augen ein Feigling!


Revanche in der Abkühlungspause
Für die Medien war das Rencontre ein gefundenes Fressen. Fast jede Zeitung berichtete darüber. Die NZZ berichtet über den «grössten Skandal, der sich wohl je im Nationalrat abgespielt hat». Und der Nebelspalter kreiert gleich ein neues Politspiel daraus. Das Brin-Golf-Spiel, eine «Abart des Golfspiels». Gespielt werde, bis Blut fliesst. Diese Spiel hatten übrigens zwei Nationalräte gut 80 Jahre früher bereits eingeführt. Nach einer verbalen Auseinandersetzung kam es zum Duell, das mit einem verletzten Politiker endete. Doch das ist eine andere Geschichte...