
Das Fundament der föderalen Demokratie
Gemeinden bilden in der Schweiz die Basis des demokratischen Engagements der Bürgerinnen und Bürger. In der jüngeren Vergangenheit wird ihr Spielraum allerdings immer mehr eingeschränkt.
Zunehmend entstehen so Kosten, die im Gemeindebudget gebunden sind und den einzelnen Gemeinden einen immer kleineren Spielraum überlassen. In diesem Kontext des fortschreitenden Abbaus von dezentralen Strukturen fördert der Kanton auch Gemeindefusionen. Die beschriebene Entwicklung schwächt die Gemeinden, bis diese bereit sind, einer Fusion mit anderen Gemeinden zuzustimmen, besonders, wenn sie dafür noch Geld vom Kanton erhalten. Grössere, anonyme Einheiten, geführt von «professionellen» Gemeindeexekutiven, sind gut für den Kanton, weil er damit mit einer «Top-Down-Strategie» politische Vorstösse eher durchbringen kann. Damit werden aber der Föderalismus und auch das Subsidiaritätsprinzip immer mehr untergraben.
Zentral ist, das historische Bewusstsein zu schärfen und deutlich zu machen, dass die «Gemeindefreiheit» ein grundlegender historischer Baustein für die schweizerische Demokratie ist.
TV-Beitrag über Gemeindefusionen in der Schweiz. SRF
Die Bedeutung der Gemeindefreiheit
In seinem Hauptwerk «Gemeindefreiheit als Rettung Europas» bemerkte Gasser, dass es das genossenschaftliche Ordnungsprinzip sei, das zu einer kommunalen Gemeinschaftsethik führe und so auch den Föderalismus, der mit dem Subsidiaritätsprinzip verknüpft ist, unterstütze: «Während im obrigkeitlich-bürokratischen Staate Politik und Moral auf grundsätzlich verschiedenen Ebenen liegen, gehören sie im gesellschaftlich kommunalen Staate untrennbar zusammen. Demgemäss wird man das genossenschaftliche Ordnungsprinzip, wie es den von unten nach oben aufgebauten Gemeinwesen zugrunde liegt, besonders zweckmässig als ‹kommunale Gemeinschaftsethik› bezeichnen.»
Ein Gemeindereferendum auf Bundesebene?
Um hier Gegensteuer zu geben und das Milizsystem sowie die Gemeindeautonomie zu stärken, lancierte der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) im Jahre 2017 die Idee eines Gemeindereferendums auf Bundesebene. Ausgangspunkt waren die genannten Überlegungen, dass die Gemeinden heute immer mehr ihre Gestaltungsspielräume verlieren. Der SGV will verhindern, dass die Gemeinden zu einem reinen Vollzugsorgan von Bund und Kantonen verkommen. Der Verband betont: «Die Gemeindeautonomie bildet das Bollwerk gegen Zentralisierungstendenzen. […] Wenn selbständige Gemeinden einen bedeutenden Teil der öffentlichen Angelegenheiten erledigen, wird Macht vertikal geteilt. Die Gemeindeautonomie weist die Macht von Bund und Kantonen in Schranken.» Der SGV hält fest, dass der spezifisch schweizerische Föderalismus sowie die direkte Demokratie nur erhalten blieben, wenn sie auch in Zukunft ihre integrierende Wirkung auf allen drei staatlichen Ebenen entfalten könnten. Den Gemeinden müsse ein eigenständiger Gestaltungspielraum verbleiben. Nur wenn Gestaltungsfreiheit gegeben sei, interessierten sich die Bürgerinnen und Bürger auch für die entsprechenden Milizämter auf Gemeindeebene. Wie können wir das erreichen?
Republikanisches Freiheitsverständnis
Bearbeiteter und gekürzter Text, Erstveröffentlichung in Schweizer Monat im Mai 2021.


