
Weiter in den Westen
Der Auswanderer Rudolf Heer fand nach seiner Ankunft 1868 in Amerika keine Arbeit im Osten. Also zog er gemeinsam mit seiner Familie weiter Richtung Westen.
«Die Doppelböden in den Koffern sind sehr gut mit Cigarren angefüllt, denn die Koffer werden nicht so streng visitiert, und jede Cigarre wo bei Euch in Glarus 5 Centim kostet, kostet in Amerika 10 Cent oder 1/2 Franken.»
«Da kam David zu uns in unser Logis und sagte zu mir ich solle dableiben, er wolle mir behülflich sein bis ich Arbeit hätte.»
Briefe aus der neuen Welt
Rudolf Heer wanderte im 19. Jahrhundert von Glarus nach Amerika aus. Zwischen 1868 und 1872 schickte er insgesamt fünf Briefe in die alte Heimat. Sie befinden sich heute zusammen mit einigen anderen Dokumenten im Archiv der Familie Heer. Dieser Artikel ist auf der Grundlage dieser Briefe und der Recherchen von Fred Heer, einem Nachkommen der in Glarus geblieben Heers, entstanden.
«Da kam die Reue über Jenni dass er aus Californien heraus sei und er pries dasselbe in allen Beziehungen, sodass ich die folgende Nacht darüber studierte und am morgen sagte ich zu Jenni: Wenn Du willst gehen wir miteinander nach Californien zurück.»
Und so machte sich Familie Heer gemeinsam mit Kaspar Jenni auf nach Kalifornien. Sie entschieden sich für den Seeweg über New York und Panama. Zwar wäre auch eine Durchquerung über Land möglich gewesen, doch die Eisenbahnstrecke endete 1868 noch in Omaha. Es fehlten einige tausend Kilometer bis nach Kalifornien. Die Reise hätte Monate gedauert und durch eine nur dünn besiedelte Wildnis geführt.
«Aspenwall ist eine kleine schmutzige Stadt. Bei der ersten Häuserreihe sind Trottowars wo die Schwarzen von allen Sorten Südfrüchte feilbieten und die Vorbeireisenden prellen auf eine schändliche Weise wenn sie können. Mein Vermögen bestand nur noch in 3 Papierthaler und nun kaufte ich hier Brod indem wir auf dieser Tour grossen Hunger litten und wir kein Brod erhielten.»
Die Mutter von Rudolf Heer, Adressatin der Zeilen, hatte wohl wie viele Menschen dieser Zeit, grosse Vorbehalte gegen Banknoten beziehungsweise Papiergeld und war es gewohnt, in Münzen zu zahlen. Das erklärt, wieso ihr Sohn explizit von Papierthalern spricht.
«Die Reise von Havre nach New Jork war nur eine Lustreise gegenüber dieser, denn von New Jork nach Aspenwall mussten wir grossen Hunger leiden und von Panama nach San Franzisko war es noch schlechter, da hatten wir 10 Tage lang keine Erdäpfel mehr, von Brod keine Rede, nichts als stinkendes Fleisch, geschwefeltes Reis, Türken (Polenta) und Zwieback und nur dieses, wenn man was kriegen wollte, musste man sich raufen.»
Der tägliche Kampf um das schlechte Essen wurde mit Händen und Füssen ausgetragen.
«Schon eine Stunde bevor das Signal mit einer Glocke gegeben wird stellen sich die Leute auf wie Wölfe welche auf ihre Beute lauern und sobald die Schweinekost aufgestellt wird in grossen Behältern so geht es darüber her, alles von Hand, und wenn es noch heisser ist, so fahren sie mit den Händen darein um etwas zu erwischen.»
«Über die näheren Verhältnisse in diesem Land kann ich Euch noch nichts schreiben, als dass grosse Löhne ausbezahlt werden, denn da ist ein Dollar wie bei uns ein Franken.»
Lesen Sie hier, wie die Ankunft der Heers mit einem Erdbeben begann und wie Rudolf endlich eine Arbeit fand.


