
Kanonendonner vor den Toren Freiburgs
Wo heute Schrebergärten blühen, donnerten im November 1847 die Kanonen. Die Geschichte eines fast vergessenen Kriegsschauplatzes bei Freiburg.
Am 13. November 1847 wurde auf dem Gelände der heutigen Schrebergartenanlage das einzige und weitgehend vergessene Scharmützel zwischen eidgenössischen und Freiburger Truppen während des Sonderbundskriegs ausgefochten: Das Gefecht bei der Feldbefestigung St. Jacques bei Bertigny.
Während die regulären Milizen ordnungsgemäss militärisch ausgerüstet und ausgebildet waren, war der Landsturm eine «Ad-Hoc-Einheit», welche im Fall einer Invasion aus allen männlichen Einwohnern des Kantons im Alter zwischen 17 und 65 Jahren gebildet wurde, die nicht Teil der kantonalen Truppen, ehrlos oder krank waren. Diese Landstürmer mussten sich selbst um ihre Bewaffnung kümmern, so dass einfache, oft selbst hergestellten Waffen zum Einsatz kamen. Uniformen gab es auch keine, die Freiburger Landstürmer rückten in ihren Alltagskleidern aus. Lediglich eine schwarz-weisse Armbinde kennzeichnete sie als Kombattante des Kantons.
Der Hauptangriff auf Freiburg fiel aber den Armeedivisionen von Oberst Louis Rilliet-de Constant (1794-1856) (Kontingente aus der Waadt, Neuenburg und Genf) und Peter Ludwig von Donatz (1782-1849) (Kontingente aus Solothurn und beider Basel) zu, welche die Stadt von Westen her attackieren sollten. Dufours Plan war simpel: Mit einem möglichst grossen Truppenaufgebot sollte Freiburg eingekesselt und zur Aufgabe gezwungen werden.
Welche Seite nun gegen Abend die Feindseligkeiten begann und so das Gefecht bei der Schanze von St. Jacques in Gang setzte, ist bis heute nicht eindeutig festzustellen. Während die liberal-radikale Berichterstattung und Geschichtsschreibung später behauptete, der Waffenstillstand sei von der Freiburger Festung durch Schüsse gebrochen worden, stellt die Freiburger Seite den Hergang anders dar. Gegen 16 Uhr wurde die Besatzung der Schanze bei Bertigny plötzlich von einem Schusswechsel aufgeschreckt. Von ihrer erhöhten Position konnten sie sehen, wie sich drei Scharfschützenkompanien der eidgenössischen Truppen dem Wäldchen Les Daillettes genähert hatten und die dortigen Freiburger in ein Feuergefecht verwickelten. Um ihre südlich stationierten Truppen zu unterstützen, eröffnete die Festungsbesatzung St. Jacques das Feuer aus ihren Geschützen und Musketen auf die vorgerückten Truppen.
Währenddessen haben sich eidgenössische Scharfschützen auf dem Plateau de Bertigny postiert und nahmen die Festungsbesatzung unter Beschuss. Aber das Fort antwortete mit Geschütz- und Musketenfeuer. Brigadekommandant Oberst Frédéric Veillon (1804-1872) der Division Rilliet fasste den Entschluss, die Festung St. Jacques zu stürmen, zog seinen Degen und stellte sich an die Spitze eines Waadtländer Bataillons. Die Tambouren trommelten zum Sturm und das Bataillon marschierte, Gewehr im Arm, im Sturmschritt über das Plateau auf die Schanze zu.
Unter unentwegtem Feuer der Freiburger erreichten die Waadtländer Truppen den Schanzengraben und begannen das Feuer zu eröffnen. Da bereits die Nacht hereinbrach, zögerten die Soldaten, den Graben zu überwinden und die Wälle zu erklettern. Plötzlich herrschte Unruhe unter den angreifenden Soldaten. Es wurde geschrien: «Minen! Die haben sicher alles vermint!» oder «Ich will nicht in die Luft gesprengt werden!» Einige wandten sich zur Flucht und rissen weitere Soldaten mit sich mit. Vergeblich versuchten die Offiziere, die Fliehenden zum erneuten Angriff zu wenden, so dass zum Rückzug getrommelt wurde. Dieser Sturmangriff kostete die Waadtländer Truppen einen hohen Blutzoll: 7 Tote und 50 Verwundete waren zu beklagen.
Die Idee des Freiburger Militärs, die Schanze bei Bertigny «Redoute de St. Jacques» zu taufen, kam nicht von ungefähr. Zurzeit, als man die Feldbefestigung zur Abwehr der eidgenössischen Truppen erbaute, befand sich rund 300 Meter südwestlich des Forts ein steinernes Wegkreuz an der Strasse nach Freiburg. Dieses wurde 1771 an der Stelle errichtet, wo sich ursprünglich eine dem Heiligen Jakobus geweihte Kapelle befand. Dieses Jakobskreuz spielte während des Gefechts am 13. November 1847 eine wichtige Rolle. So diente es der Festungsbesatzung sowie der eidgenössischen Batterie als Geländepunkt, um ihre Geschütze entsprechend auszurichten, da es sich praktisch inmitten der Schusslinie befand und zum Zeitpunkt des Gefechts Nebel aufkam. Das Kreuz wurde später mehrfach versetzt. Heute steht es weiter westlich vom ursprünglichen Standort an einem Waldrand und statt Kanonenkugeln, zischen Autos der nahen Strasse daran vorbei.
Guerre du Sonderbund 1847
Faux prise à un Landsturm tué sous mes yeux à nos avant-postes devant Fribourg
13 9bre


