
Sagenhafte Fussabdrücke!
Wenn ein eifriger Gottesmann in drei Schritten ein Gebiet von 565 Quadratkilometern durcheilen kann, dann sind wir im Reich der Sage gelandet. Die Rede ist von Abt Christian von Castelberg und vom Herrschaftsgebiet der Fürstabtei Disentis im Bündner Oberland.
Il crapp de Martgiuna
A Laus eis ei en in prau, numnaus Martgiuna, in crapp, che ha en la noda ded in pei. Gl' onn della reformaziun ei igl avat Christian de Castelberg ius en in di per tut la Cadi a perdagont et ha fatg quei viadi en treis sbargats. Gl' emprem sbargat, ch' el ha fatg, ha el passau sil crapp de Martgiuna et ha schau anavos la noda de siu pei.
Der Stein von Martgiuna
Das ist eine von 72 aus dem «Volksmund» gesammelten Sagen, welche der Trunser Politiker und Kulturwissenschaftler Caspar Decurtins 1895 im zweiten Band seiner Rätoromanischen Chrestomathie publiziert hat. Angaben über die Erzählerin oder den Erzähler, über Ort und Zeit der Aufzeichnung dieser Sage aus der Epoche der Glaubenskämpfe im Freistaat der Drei Bünde bleibt uns der Herausgeber leider schuldig.

«Er eilte von einer Pfarrei zur andern und predigte an einem einzigen Tag an fünf verschiedenen Orten, welche rund sieben Wegstunden voneinander entfernt liegen. In Medel, Disentis, Sumvitg, Trun und Breil predigte er am selben Tag, und mit seinem Eifer und seiner Beredsamkeit gewann er alle Herzen.»

Durch immer wieder kopierte, zirkulierende Handschriften fanden übrigens nicht wenige übersetzte profane Texte und Erzählstoffe Eingang ins rätoromanische Sprachgebiet, das aufgrund seiner geringen Grösse und Bevölkerungszahl für Drucker und Verleger von nichtreligiöser Literatur kein interessanter Markt war.

«Der Disentiser Abt von Castelberg, der sich zur Zeit der Reformation für die Erhaltung des alten Glaubens einsetzte, predigte in Sedrun an vier Orten, und man erzählt, er sei darauf in drei Schritten von Tujetsch nach Danis gegangen. Dort in Danis zeigt man noch den Stein, wo er den Fuss aufgesetzt habe.»

