
Opposition in Kaiseraugst
Im oppositionellen Protest gegen den Bau des AKW Kaiseraugst vereinte sich eine breite Bevölkerungsschicht. Die aufkommende Antiatombewegung profitierte von einer grossen medialen Resonanz.
1970 wurde der Verein «Nordwestschweizer Aktionskomitee gegen das Atomkraftwerk Kaiseraugst» NAK, später unbenannt in «Nordwestschweizer Aktionskomitee gegen Atomkraftwerke» NWA, gegründet – eine Organisation mit potenzieller Durchschlagskraft, die beabsichtigte, den fragmentierten Widerstand der AKW-Gegnerinnen und Gegner zu vereinen. Der Verein schöpfte zunächst sämtliche politischen und rechtlichen Instrumente aus. Dazu gehörten Beschwerden, Einsprachen, Initiativen, Interpellationen, Motionen und öffentliche Informationsveranstaltungen. Auch eine Mehrheit der stimmberechtigten Wohnbevölkerung von Kaiseraugst lehnte das Bauvorhaben in einer Konsultativabstimmung am 15. Juni 1972 ab. In letzter Instanz reichten das NWA sowie die Gemeinden Basel, Kaiseraugst und Rheinfelden eine Klage beim Bundesgericht in Lausanne ein, das den Gegnerinnen und Gegnern des AKW Kaiseraugst am 26. Juli 1973 jedoch eine Absage erteilte. Das Gericht stützte sein Urteil auf das Atomgesetz von 1959, welches die Bewilligungskompetenzen für die Betreibung von Atomkraftwerken grösstenteils den Bundesbehörden zuschrieb.
Der frostige «Probehock» im Dezember 1973


Jeden Tag kommen Dutzende von Sympathisantinnen und Sympathisanten, um die Camper zu unterstützen und sie mit Essen und Getränken zu versorgen.
Die elfwöchige Besetzung des Baugeländes 1975
«Si sin vor d Laschtwäge ghoggt und hän zältlet dört us
S het zwor Pflutter gha, Räge und Schnee
Doch Buure hän Holz brocht und jede Dag Milch
Und ko bsetze sin immer meh
Es sin hunderti ko, s het e Dorf gä dört us
In dr ganze Region hän is Lyt unterschtützt
Und jetz müen d Behörde verhandle mit uns
Me gseht, was mer gmacht hän het gnützt
Bis jetz.»
Aernschd Born, «d Ballade vo Kaiseraugscht» YouTube


«CH-Magazin» vom 25. April 1975 über die Besetzung von Kaiseraugst. YouTube / SRF Archiv
Erneute Proteste in den 1980er-Jahren sind erfolgreich


Die Besetzung des Baugeländes 1975 und die anschliessenden Proteste hielten der breiten Gesellschaft die Gefahren der Kernenergie und die Dringlichkeit einer Revision des eidgenössischen Atomgesetzes vor Augen. Hierfür lancierte die Antiatombewegung kantonale und nationale Abstimmungen. 1979 kam es tatsächlich zu einer Revision des Atomgesetzes. Laut dem vom Volk angenommenen Bundesbeschluss zum Atomgesetz bedurfte es zum Bau von Kernkraftwerken unter anderem einer Rahmenbewilligung und eines Bedarfsnachweises.


Trotzdem konnte der anhaltende Widerstand gegen das geplante Bauvorhaben in Kaiseraugst nicht die endgültige Abkehr von Atomenergie in der Schweiz bewirken. Das AKW Gösgen wurde 1979 und Leibstadt 1984 ans Netz angeschlossen. Dennoch bewirkten die Besetzung und die Proteste in Kaiseraugst die Etablierung einer nationalen Anti-AKW-Bewegung. Dieser Umstand ist auch hinsichtlich aktueller Debatten über die gegenwärtige Stromversorgungssicherheit der Schweiz relevant.
Actualités Suisses Lausanne
Einige der abgebildeten Fotografien stammen von der Pressebildagentur Actualités Suisses Lausanne (ASL). Diese Bildagentur wurde 1954 von Roland Schlaefli und Edouard Baumgartner gegründet. Ein besonderes Augenmerk der ASL galt Sujets des Sports, aber auch Motiven der Politik. Schlaefli verfügte bis zur Auflösung der Pressebildagentur stets über eine Akkreditierung als Bundeshausfotograf. Zuvor war Roland Schlaefli bereits bei der Bildagentur Presse Diffusion Lausanne PDL tätig, welche 1974 von der ASL übernommen wurde. Die Jahrtausendwende markierte den Endpunkt für das Fortbestehen der Westschweizer Pressebildagentur. Nach dessen Auflösung wurden ihre Bestände vom Schweizerischen Nationalmuseum übernommen.


