
Der Büsinger Handel
Im Juli 1849 kam es bei Schaffhausen zum Säbelrasseln zwischen hessischen Soldaten und Schweizer Truppen. Mit kühlem Kopf und Verhandlungsgeschick konnte ein blutiger Konflikt verhindert werden.
Büsingen, mit einer Fläche von 7,62 Quadratkilometern, auf der rechten Seite des Rheins gelegen, gehörte ursprünglich zum Kurfürstentum Würtemberg und seit 1810 zum Grossherzogtum Baden. Büsingen ist rechtsrheinisch ganz vom Kanton Schaffhausen umgeben ohne direkten Zugang zum übrigen badischen Gebiet, linksrheinisch grenzt es an die Kantone Thurgau (Diessenhofen) und Zürich (Feuerthalen).
Nach der Niederschlagung der Badischen Revolution durch deutsche Bundestruppen unter der Führung Preussens, bestieg die hessische Kompanie «Stockhausen» mit 170 Mann am 21. Juli 1849 in Konstanz ausgerechnet das badische Glattdeckdampfschiff mit dem Namen «Helvetia», welches zwischen 1832 und 1843 auf dem Bodensee verkehrte. Die Soldaten sollten eine Strafexpedition in Büsingen durchführen, wo revolutionäre Umtriebe vermutet wurden. Die kleine Armee fuhr am frühen Morgen den Rhein hinunter, ohne Bewilligung oder Benachrichtigung der Schweizer Behörden. Bei der Durchfahrt in Stein am Rhein wurde die «Invasion» nicht bemerkt, weil die Mannschaft unter einem Verdeck verborgen war, was später als bewusste Täuschung gedeutet wurde. Die Truppe landete um 7 Uhr in Büsingen, besetzten das Dorf, entwaffneten die Bürger und verhafteten drei Männer: den Gemeinderechner Walter, den Arzt von Ow und den Tierarzt Güntert. Walter und von Ow mussten bald freigelassen werden, da ihnen nichts Belastendes nachzuweisen war. Güntert hingegen wurde als Gefangener aufs Schiff geführt und bewacht. Um 13 Uhr hätte der Dampfer wieder ablegen sollen. Daraus wurde aber vorerst nichts.
Am Abend wurde den in Büsingen anwesenden Truppen gestattet, zwei Gesandte zur Berichterstattung nach Konstanz zu schicken. Es zeigte sich, dass die Fahrt nach Büsingen von Zivilbehörden angeordnet worden war. Die Truppen waren sich nicht bewusst, dass sie eine Grenze überschritten oder besser zu Wasser überfuhren. Dem Begehren, um Abzug der blockierten Kompanie per Dampfschiff, wurde von schweizerischer Seite auch am folgenden Tag nicht stattgegeben.
Schweizer Armee auf Pikett!
Die Verhandlungen verliefen vorerst ergebnislos. Der schweizerische Brigadekommandant Oberst Franz Müller aus Zug verlangte, dass die Hessen für den Rückmarsch über eidgenössisches Gebiet die Waffen abzulegen hätten. Darauf gingen diese mit Verweis auf die Unverträglichkeit mit der militärischen Ehre nicht ein. Die Verhandlungen gerieten ins Stocken, weil beide Seiten auf ihren Forderungen beharrten. Erst nach einer formellen Entschuldigung der Reichsarmee durch den hessischen Stabsmajor Ferdinand du Hall konnten die Gespräche fortgesetzt werden.


Als Eskorte der Hessen über Schweizergebiet nach Gailingen waren von Schweizer Seite zweieinhalb Kompagnien Infanterie und eine Kompagnie Kavallerie vorgesehen. Die hessischen Truppen, des Weges unkundig, marschierten aber auf der Strasse Richtung Randegg und wurden an der Grenze von schweizerischen Reservetruppen gestoppt. Nachdem die schweizerischen Begleittruppen auch dorthin beordert und eingetroffen waren, konnte der Marsch fortgesetzt werden. Die hessischen Truppen marschierten dann über Dörflingen und erreichten so über einen Umweg schliesslich Gailingen. Gleichzeitig fuhr der Dampfer Helvetia unter eidgenössischem Geleitschutz und Schweizer Flagge und in Begleitung zweier Schweizer Offiziere nach Konstanz zurück.
Dank Verhandlungen konnte der Büsinger Handel ohne Blutvergiessen beendet werden und auch ohne Gesichtsverlust der beteiligten Parteien. Auf beiden Seiten der Grenzen konnten die Truppen in der Folge stark reduziert werden.


