
Die Armee und der Spitzensport
Seit 20 Jahren fördert die Schweizer Armee gezielt sportliche Nachwuchstalente. Trotz anfänglichem Widerstand hat das Programm zahlreiche Erfolge hervorgebracht, darunter Olympiamedaillen und Weltcup-Siege.
Doch das Bild der Schweizer Sportlegenden scheint nicht immer so strahlend. Im Januar 1998 klagt das Schweizer Fernsehen, es sei noch nicht lange her, da hätten die Schweizer Skisportlerinnen und Sportler ihrem Land noch Freude bereitet, doch seit dem Rücktritt von Franz Heinzer (1994) würden nur noch die Österreicher dominieren. Im gleichen Beitrag tritt Bundesrat Adolf Ogi auf mit dem Ziel, der Sportnation Schweiz wieder auf die Beine zu helfen. Die Vision kommentiert 10 vor 10-Moderatorin Ursula Hürzeler mit «Ogi träumt von Staatssportlern.» Der neue «Sportminister» Ogi – das Militärdepartement wurde kurz zuvor in Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport umbenannt – will sich nicht konkret auf Pläne festlegen, sagt aber, dass eine breit aufgestellte Förderung Bedingung sei, um beim Spitzensport vorne mitspielen zu können – und zwar «ohne Wenn und Aber». Dafür brauche es neue Wege, weshalb er beim Chef Heer eine Analyse der Möglichkeiten für Beschäftigung der Spitzensportler in der Armee in Auftrag gegeben habe.
Es ist der Beginn der militärischen Spitzenförderung, wie wir sie heute kennen – obschon sich die Sportförderung bis in die 1970er allmählich vom Militär löste. Eine Remilitarisierung des Sports?
Links und Rechts wollen keine «Staatssportler»
Zirka zur gleichen Zeit geht es auch für die Schweizer Armee bergab. Der Militärdienst wird zunehmend als unattraktiv wahrgenommen, die Zahl der Militärdienstleistenden sinkt rapide. «Widerwille statt Wehrwille» kommentiert das Schweizer Fernsehen. Jeder fünfte Rekrut steigt vorzeitig aus der RS aus, die Quote der an der Rekrutierung ausgemusterten Männer ist seit 1997 stark gestiegen auf 18 Prozent. Ruedi Winet von der Beratungsstelle für Militärverweigerer spricht gar davon, es sei angesichts der Zahlen längstens vorbei mit der allgemeinen Militärdienstpflicht. Es besteht akuter Handlungsbedarf im VBS. Für Samuel Schmid, der 2001 das Militär- und Sportdepartement von Ogi übernimmt, ist das eine Steilvorlage, um dem prestigeträchtigen Spitzensport im Militär ein Zuhause zu geben.
Armee-Spitzensport gerät durch «untaugliche» Profisportler ins Wanken
Die Schweiz hat wieder ein Ski-Ass
Erfolge geben dem Programm Recht
Mit Marco Odermatt und Loïc Meillard belegt die Schweiz in der Weltcup-Gesamtwertung 2023/2024 die Plätze eins und zwei – sie sind Aushängeschilder der Schweizer Armee, denn sowohl Odermatt als auch Meillard sind Sportsoldaten. Die Armee dürfte mit sich zufrieden sein: «Emotionen transportieren, Herzen bewegen und die Schweiz zum Träumen bringen, darin sieht die Spitzensportförderung der Armee ihren Auftrag», sagte Franz Fischer vor vier Jahren anlässlich seiner Pensionierung nach 22 Jahren als Verantwortlicher für die Spitzensportförderung in der Armee. Von einer Remilitarisierung des Sports kann also keine Rede sein. Die Schweiz mag zwar Sportsoldatinnen und Sportsoldaten auf das Wettkampfgelände schicken – kämpfen tun diese aber in ziviler Absicht: Für das (inter)nationale Prestige der Schweiz.
Swiss Sports History

Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit Swiss Sports History, dem Portal zur Schweizer Sportgeschichte, entstanden. Die Plattform bietet schulische Vermittlung sowie Informationen für Medien, Forschende und die breite Öffentlichkeit. Weitere Informationen finden Sie unter sportshistory.ch.


