
Tessiner Widerstandsbewegungen
Zwei Jahre lang, bis 1945, kämpften Partisanen rund um Domodossola gegen die Wehrmacht und ihre Verbündeten. Auch Schweizer schlossen sich diesem Kampf an. Als Helfer und als Widerstandskämpfer.
Mehrere Männer, hauptsächlich aus dem Locarnese, unterstützten die Partisanen im Ossolagebiet aktiv oder kämpften sogar in ihren Reihen gegen die Deutschen und die italienischen Faschisten. Beispielsweise Silvio Baccalà aus Brissago, der tagsüber als Gärtner im Gewerkschaftshotel Brenscino arbeitete und nachts die Partisanen entlang der Ghiridone-Pfade in Richtung Cannobinatal begleitete. Oder Vincenzo Martinetti, der Vater der bekannten Tessiner Sängerin Nella Martinetti. Er kämpfte in den Reihen der Partisanengruppe Divisione Piave und wurde schnell zu einer der wichtigsten Personen dieser Truppe. Martinetti organisierte den Transport von Material, Waffen und Menschen über die Grenze.
Der Widerstand in der Region Ossola war vielfältig. Um ihn besser zu verstehen, lohnt sich eine nähere Betrachtung.
Viele kleine Gruppen
Die Berechnung der tatsächlichen Partisanenkräfte im Ossolagebiet ist schwierig. Es war eine gängige Praxis der Widerstandsgruppierungen, aufgeblähte Grössen und Namen anzugeben (Bande, Brigate, Divisioni). So konnten einige Dutzend Partisanen bereits eine Brigade und einige hundert Kämpfer schon einen Division bilden. Zumindest sprachlich. Diese Übertreibungen sollten die gegnerischen Kräfte verwirren und abschrecken. Ausserdem spekulierten die Partisanen darauf, grössere Nachschublieferungen der Alliierten zu erhalten. Diese hatten sie dringend nötig, denn ihre Ausrüstung war äusserst spärlich.
Fehlende Ausrüstung
Auf den Schmugglerrouten, über die in der Vergangenheit Lebensmittel und Tabak über die Grenze gebracht worden waren, wurden nun Waffen transportiert. Sie stammen von den Alliierten, teilweise auch aus dubiosen Quellen. Meist brachten Schweizer das Material über die Grenzen, manchmal aber gingen die Partisanen auch in die Schweiz, um die Waffen «abzuholen». Besonders für die Divisione Piave, die von Vincenzo Martinetti logistisch organisiert wurde, war die Schweizer Grenze sehr durchlässig.
Kommunismus gegen Antikommunismus
Zwischen 1943 und 1945 gab es in der Region Ossola fünf aktive Partisanengruppen. Das Spektrum reichte von Anhängern der Monarchie bis hin zu kommunistischen Kämpfern. Extrem vereinfacht können die Widerstandskämpfer in zwei politische Hauptlager aufgeteilt werden: die kommunistischen Garibaldi-Einheiten und die restlichen, mehr oder weniger antikommunistischen Partisanenformationen.
Auch andere Frauen waren im Widerstand aktiv. Etwa Gisella Floreanini, Partisanin und Mitglied der Regierung der Republik Ossola, wo sie die erste Ministerin in der Geschichte Italiens wurde. Oder die Krankenpflegerin Maria Peron, welche verletzte Widerstandskämpfer pflegte und wenn nötig operierte. Auch in Locarno unterstützte eine Frau die Partisanen im Ossolagebiet: Gaby Antognini. Die Tessinerin versteckte beispielsweise Partisanen, welche aus Schweizer Internierungslagern geflohen waren und half ihnen über die Grenze nach Italien, um dort erneut gegen die deutschen und faschistischen Besatzer zu kämpfen.


