
Rekordpetition in der Schublade
Die Geschichte einer Petition für das Frauenstimmrecht, die mit 250'000 Unterschriften eingereicht wurde und danach für Jahrzehnte in einer Schublade verschwand.
Die Entwicklung schien unaufhaltsam, auch in der Schweiz bewegte sich dank ersten kantonalen Volksabstimmungen und Motionen auf Bundesebene etwas. Doch Annie Leuch-Reineck und ihren Mitstreiterinnen ging das zu langsam. Ihren Frust äusserten sie an der Eröffnung der Frauenausstellung Saffa im August 1928, indem sie eine grosse Schnecke durch die Bundeshauptstadt zogen. Die aus der ganzen Schweiz zugereisten Frauen durften an der Saffa zwar zeigen, wie sie zum Gelingen von Staat und Wirtschaft beitrugen, doch ausgerechnet in der Politik liess man sie nicht mitreden.
Gespaltene Schweiz
Doch die Schweiz war tief gespalten. Vor allem auf dem Land war die angestrebte «gründliche Auseinandersetzung und Erwägung der Frage» des Frauenstimmrechts kaum möglich. Manchmal bereiteten Beschimpfungen der Sammlung ein Ende, wie im Berner Oberland. Oft stand der soziale Druck einem Engagement im Weg, selbst wenn man Frauen fand, die das Anliegen unterstützten. Viele fürchteten Konflikte mit Angehörigen, berichtete die Obwaldner Mundartdichterin Rosalie Küchler-Ming. Flora Volonteri Valli aus Lugano klagte, Frauen seien hier Schafe, die von Wölfen verschlungen würden. Wer sich engagiere, werde äusserst vulgär behandelt. Auch das schreckte Frauen ab, mit der Folge, dass im Tessin als einzigem Kanton mehr Männer als Frauen die Petition unterschrieben – allerdings auf sehr tiefem Niveau.


Blick in die Petitionsdokumente von 1929. Schweizerisches Bundesarchiv
Ab in die Schublade damit!




