Postkarte zu einer Theateraufführung: «Pièce historique - Payerne - Reine Berthe», 1899. Schweizerisches Nationalmuseum

Zwei starke Frauen im Mittelalter

Berta und Adelheid waren nicht nur Mutter und Tochter, sondern auch Königinnen des Hochburgunds. In dieser Funktion setzten sie sich für die Armen und Randständigen der Gesellschaft ein. Die beiden Frauen werden deshalb in der Romandie bis heute verehrt.

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer ist Historiker und Autor.

Internationale Beziehungen sind keine neue Erfindung. Schon der Adel des Mittelalters war ausgesprochen gut vernetzt. Wie zum Beispiel Berta, die Tochter des Herzogs von Schwaben. Im Rahmen eines Friedensvertrags wurde sie mit dem König des Hochburgunds verheiratet. Dieses war ein Nachfolgereich des Burgunds und umfasste die Gebiete der heutigen Westschweiz.

Als Bertas Mann starb, waren ihre Kinder noch minderjährig und so heiratete Berta Hugo, den König von Italien. Ihren Sohn und Thronfolger Konrad schickte sie zur Erziehung an den Hof des ostfränkischen Königs Otto. Von dort kehrte Konrad in Begleitung Ottos zurück und es wäre wohl zum bewaffneten Konflikt mit seinem Stiefvater Hugo gekommen, wäre dieser nicht im passenden Augenblick von sich aus gestorben. So erbte Konrad nicht nur das Burgund, sondern auch grosse Teile Italiens.

Auch Bertas Tochter Adelheid war eine starke Persönlichkeit. Sie verweigerte die Hochzeit mit einem italienischen Grafen, woraufhin sie von dessen Familie gefangen und eingekerkert wurde. Adelheid konnte sich befreien und floh auf die Burg Canossa, von wo aus sie Otto, den Erzieher ihres Bruders, zu Hilfe rief. Der Ostfrankenkönig eilte herbei, besiegte den wenig galanten Grafen und heiratete Adelheid. Damit verbanden Otto und Adelheid die Königreiche Ostfranken und Lombardei. Ausserdem besiegte Otto später die Ungarn.

Druckgraphik von Königin Berta, um 1835. Schweizerisches Nationalmuseum

Alte Fotografie von Payerne (VD). Schweizerisches Nationalmuseum

Berta erfreute sich als Königin des Hochburgunds grosser Beliebtheit bei ihren Untertanen. Noch heute ist «la reine Berthe» in der Romandie ein sprichwörtlicher Ausdruck für eine mütterlich-gute Herrscherin. Auch Adelheid galt als mustergültige Magistratin, die sich für die Armen und Randständigen der Gesellschaft einsetzte. Sie wurde die erste Kaiserin jenes Reiches, das später unter dem komplizierten Namen «heiliges römisches Reich deutscher Nation» bekannt werden sollte und auch das Gebiet der heutigen Schweiz umfasste. Und weil Otto unerwartet früh starb, führte sie die Regierungsgeschäfte, bis ihr Sohn alt genug war, den Platz seines Vaters zu übernehmen.

Berta und Adelheid können ausserdem auch als Gründerinnen von Payerne angesehen werden. An jenem Ort im Tal der Broye, wo damals bloss ein einsames Gehöft stand, liess Adelheid im Jahr 962 zum Andenken an ihre Mutter Berta ein Kloster gründen. Um dieses herum entstand der Ort Payerne. Die imposante Kirche erinnert bis heute an zwei starke Frauenfiguren des Mittelalters.

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