Der Game Boy
Die wohl längste Erfolgsgeschichte der (Videospiele-) Welt begann heute vor 28 Jahren.
Der Game Boy ist eine tragbare Videospielkonsole, die am 21. April 1989 von dem japanischen Videospielehersteller Nintendo auf den Markt gebracht wurde. Er knüpft damit an eine Tradition an, deren Grundstein Nintendo bereits 1980 mit seiner Game & Watch Reihe erfolgreich legte. Im Gegensatz zum Game Boy handelte es sich dabei um einfache Geschicklichkeitsspiele, die fest in den Konsolen eingebaut waren. Wollte man ein anderes Spiel spielen, musste man sich ein neues Gerät kaufen. Während dies vor dem Game Boy das übliche Prinzip für mobile Konsolen darstellte, wurde Ende der 1980er Jahre die Technik so preisgünstig, dass es möglich wurde, das Prinzip der stationären Videospielekonsolen der Trennung von Hard- und Software auch auf die mobilen Konsolen zu übertragen.
Üblicherweise wird die relative Kurzlebigkeit aller Videospielsysteme von den kurzen Entwicklungszyklen im Wettrüsten und dem Bedarf nach immer mehr Rechen- und Grafikpower bestimmt. Der Game Boy stellt eine der wenigen Ausnahmen da: Bereits zu seinem Erscheinen sah sich der etwas plump gestaltete und lediglich schwarz-weiße Grafiken darstellende Game Boy einer technisch überlegenen Konkurrenz gegenüber. Die mobile Konsolen der Konkurrenten Atari (Lynx) und Sega (Game Gear) boten beide ein beleuchtetes Farbdisplay und mehr Rechenpower. Allerdings hatten sie nicht nur den Nachteil, dass ihre Technik sie bereits in der Anschaffung teurer als den Game Boy machte. Auch benötigten sie wesentlich mehr Leistung, was zu deutlich kürzeren Batterielaufzeiten führte – kein kleiner Nachteil für eine mobile Konsole.
Das Argument, dass dann aber letztendlich die Schlacht zu Nintendos Gunsten ausgehen liess, lag gar nicht in der Konsole selbst begründet. Denn Nintendo packte mit Tetris dem Game Boy ein Spiel bei, das in Windeseile fast synonym mit dem Game Boy werden sollte. Weil es mit seiner abstrakten Grafik optimal auf das kleine Display passte und durch sein einfaches aber herausforderndes Spielprinzip leicht zu verstehen war, entwickelte sich Tetris im Gespann mit dem Game Boy bis heute zu einem der bekanntesten Videospiele überhaupt.
Nachdem die Konkurrenz abgehängt war, verstand es Nintendo durch behutsame Erneuerungen (GB Pocket 1996, GB Colour 1998, GB Advance 2001, GB Micro 2005) den Game Boy technisch fast unverändert über die 90er Jahre hinweg über 100 Mio. Mal zu verkaufen. Entscheidend für den Erfolg war, dass man mit jedem neuen Modell auch die alten Spiele, sogar in einer besseren Qualität, spielen konnte. Allerdings kam dem betagten Game Boy - wie schon bei seinem Start - abermals ein Spiel entscheidend zu Hilfe: mit Pokèmon kam 1998 einer der grössten Spielehits aller Zeiten auf den Markt – natürlich für den kleinen, nun aber gar nicht mehr grauen Dauerläufer.
Ab 2004 löste dann die neuen Nintendo DS Mobilkonsolen langsam die auslaufende Game Boy Linie ab. Dem Erfinder des Game Boy, Gunpei Yokoi, war allerdings keine so lange Karriere bei Nintendo bestimmt. Nachdem 1995 eine von ihm entwickelte 3D Version des Game Boy, der Virtual Boy, ein kommerzieller Misserfolg wurde, verliess er 1996 Nintendo. Bereits ein Jahr später kam er bei einem Autounfall ums Leben.
Der Game Boy hingegen lebt auch heute noch trotz der Einstellung seiner Produktion in den Händen seiner vielen Fans fort. Dabei hat er seine Bedeutung als reine Spielkonsole längst überschritten. So wird er z.B. als Instrument für so genannte Chiptunes Musik benutzt. Dabei machen sich die Musiker zu Nutze, dass es inoffizielle Musikprogramme für den Game Boy gibt, die sowohl das Komponieren als auch das Abspielen von Klängen ermöglichen, und so den typischen Sound des 8 Bit Zeitalters wieder auferstehen lassen. Welchen überzeugenderen Beweis für die kulturelle Bedeutung einer Maschine kann es geben, als den Umstand, dass sie auch noch im Zustand ihrer technischen Obsoletheit weltweite Bekanntheit und Nutzungen jenseits ihres ursprünglichen Daseinszweckes erfährt!