Stoff für einen Wirtschaftskrimi
Bedruckte Baumwollstoffe bescherten der Schweiz im 17. Jahrhundert einen Platz an der Spitze der Textilproduzenten.
Wie kam es, dass die aus Indien importierten und deshalb als «Indiennes» bekannten bedruckten Baumwollstoffe im 17. und 18. Jahrhundert in Europa eine Begeisterung sondergleichen auslösten? Und welche Zusammenhänge bestehen zwischen den «Indiennes» und der Schweiz? Die Ausstellung im Château de Prangins zeigt, wie die bunten Stoffe im Jahrhundert der Aufklärung zum grossen Thema wurden, und erzählt die Geschichte des ersten globalisierten Produkts. Dabei kommt erstmals ausführlich die Schlüsselrolle zur Sprache, welche viele Schweizer in diesem lukrativen Indus triezweig spielten. Es geht um Dreieckshandel und Tratten, um Schleichhandel und Prohibition sowie um Farben, Motive und Produktionsgeheimnisse. Die Mehrheit der ausgestellten Textilien stammt aus der Sammlung des Experten Xavier Petitcol und konnte 2016 vom Schweizerischen Nationalmuseum erworben werden.
Prohibition in Frankreich
Bereits Ende des 16. Jahrhunderts gelangten bedruckte Baumwollstoffe aus Indien in portugiesischen Handelsschiffen nach Europa. Ihr Erfolg beruhte auf den Eigenschaften der damals noch kaum bekannten Baumwollfaser sowie auf den leuchtenden Farben und exotischen Motiven. Mit der Gründung der englischen East India Company und der niederländischen Vereinigten Ostindischen Kompanie Anfang des 17. Jahrhunderts nahm der Handel zwischen Asien und Europa sprunghaft zu. So auch der Import von Indiennes. Das sorgte bei den Unternehmern der herkömmlichen Textilzweige wie der Seiden-, Woll- und Leinenproduktion für Unmut. In Frankreich kam es deshalb zwischen 1686 und 1759 zu einer Prohibition. Die französischen Fabrikationszentren zur Imitation der indischen Stoffe wurden in dieser Zeit ins Ausland verlagert – oft in die Schweiz, wo die Baumwollindustrie zu einem der bedeutendsten Industriezweige werden sollte. Namhafte Manufakturen siedelten sich in Genf, Neuenburg, Biel, Basel und Zürich an.