
Die erste Olympiasiegerin
Die in New York geborene Genferin Hélène de Pourtalès (1868-1945) gewann an den Olympischen Spielen von 1900 Gold. Heute weitgehenden unbekannt, ebnete die Seglerin als Pionierin anderen Frauen den Weg zur Olympiade.

Zum ihrem Bekanntenkreis zählte auch die Baronin Julie von Rothschild, eine exzentrische Dame mit beträchtlichem Vermögen. 1876 liess sie sich in Bellevue, nur ein paar hundert Meter vom Feriensitz der Barbeys entfernt, den Dampfer La Gitana bauen. Sie teilte Henrys Leidenschaft und wollte die damaligen Geschwindigkeitsrekorde brechen, was ihr den Titel «schnellste Yachting Lady» ihrer Zeit einbrachte.

Seit frühester Kindheit hatte Hélène die sportlichen Aktivitäten der Baronin Rothschild auf dem Wasser verfolgt, die zuweilen von einer «sanften, liebenswerten» Dame begleitet wurde: Kaiserin Elisabeth von Österreich. Es war also unvermeidlich, dass sich Hélène für den Bootssport interessieren würde, zumal er auch bei den Soiréen Thema Nummer eins war. Anstatt für Dampfer entschied sie sich aber für Segelboote.
Künftiger Ehemann musste Segler sein


Das Rennen begann am 20. Mai in Meulan auf der Wasserfläche des Cercle de la voile de Paris. Alle Boote mit weniger als zehn Tonnen mussten es absolvieren, um an den folgenden Tagen in ihrer jeweiligen Kategorie segeln zu dürfen. 65 Segler legten eine Strecke von 11 Kilometern zurück. An diesem Tag wehte nur ein laues Lüftchen, weshalb es vor allem auf technisches Können ankam. Das Paar, das an die Wetterkapriolen des Genfersees gewöhnt war, qualifizierte sich mit Leichtigkeit. Ihr Boot erhielt die Startnummer 22. Zwei Tage später ging die Klasse der 20-Füsser an den Start. Es war ein angesichts der Teilnehmerzahl technisch sehr herausfordernder Kurs von 19 Kilometern zu bewältigen. Hélène und Hermann siegten erneut und am 22. Mai erhielt Hélène als Skipper die Goldmedaille.

Doch in der übrigen Welt genoss die Olympiasiegerin wenig Beachtung, denn die Presse teilte Anfang des Jahrhunderts weitgehend die Meinung von Pierre de Coubertin. Das Ehepaar lebte noch bis 1904 zusammen im Château des Crénées, wo Hermann am 9. Juli verstarb und ein beachtliches Erbe im Wert von über sechs Millionen US-Dollar hinterliess. Von da an pendelte Hélène zwischen Mies und ihrem Pariser Domizil in der Avenue de l'Alma 45. 1945 entschlief sie im Alter von 77 Jahren in Genf – in völliger Anonymität.

Den grössten Teil ihres Lebens verbrachte die amerikanisch-schweizerische Doppelbürgerin zwar am Genfersee. Allerdings war Hélène de Pourtalès keineswegs nur eine «Süsswasserseglerin», von der die Geschichte nichts als einen «glücklichen Fang» in Form einer Goldmedaille behalten hat, sie war eine Pionierin und Olympiasiegerin, so viel steht fest.