
Schweizer begründet den ersten kommerziellen Weinbetrieb in den USA
1796 wanderte Jean-Jacques Dufour aus der Genferseeregion aus, um im fernen Amerika ein erfolgreicher Weinbauer zu werden. Der Schweizer gründete die Kolonie Vevay, Indiana, in der erfolgreich Wein produziert wurde.
Von der Terrasse seines ehemaligen Tastingrooms aus blickt man über den Ohio River. Grünbraun und träge wälzt sich der Fluss am Ort vorbei. Das südliche Flussufer gehört bereits zum Bundesstaat Kentucky. Dort gründete vor über 220 Jahren der Schweizer Jean-Jacques Dufour, ein Winzersohn aus Châtelard bei Vevey, seinen ersten Weinberg.
Im Jahre 1796 brach Jean-Jacques Dufour dann vom Genfersee aus nach New York auf, um seinen Traum vom erfolgreichen Weinbau zu verwirklichen. Der 33-Jährige mit seiner verkrüppelten linken Hand entsprach zwar nicht dem typischen Bild eines kräftigen Weinbauern. Dafür brachte er 15 Jahre Erfahrung aus dem väterlichen Rebberg mit.
Das Geschäftsmodell, einen Weinberg mit Hilfe der Zeichnung von Aktien zu finanzieren, hatte er einem der glücklosen Winzer in Philadelphia abgeguckt. So schrieb Jean-Jacques Dufour – der sich nun John James nannte – am 17. Januar 1798 in der Kentucky Gazette den Verkauf von 200 Aktien im Wert von je 50 Dollar aus. Ein paar Wochen später wurde die Kentucky Vineyard Society gegründet. Noch bevor alle Aktien gezeichnet waren, legte der enthusiastische Pionier los: Er kaufte Land am Kentucky River, etwa 40 Kilometer von Lexington entfernt, pflanzte Rebenstecklinge und benannte das Weingut optimistisch «First Vineyard». Aus Pennsylvania bezog er nochmals eine grosse Menge Stecklinge von 35 verschiedenen Traubensorten und auch Obstbaum-Setzlinge. Seine Brüder und Schwestern und weitere Schweizer Aussiedler, die ihm 1801 nach Amerika folgen, brachten weitere Sorten mit.
Kostprobe für den Präsidenten
Trotz der erfolgreichen Anfänge war dem First Vineyard kein Erfolg beschieden. Die Reben gingen aufgrund von Rebläusen, Mehltau und anderen Seuchen ein. Einzig zwei Sorten – John James ging damals davon aus, dass es sich um Madeira- und Cape-Trauben handelte – überlebten. Auch war die Zahlungsmoral der First Vineyard-Aktionäre nicht die beste. Dennoch gilt das Weingut in Kentucky als der erste kommerziell geführte Weinbau-Betrieb in den Staaten. Auch wenn es etliche Probleme gab und das Experiment scheiterte.
Wein wurde in Vevay, im «Second Vineyard», ab 1806 oder 1807 produziert, vorwiegend aus den Madeira- und «Cape Grape»-Sorten, die in Kentucky überlebt hatten. John Francis Dufour schrieb damals: «Die blauen Trauben kommen ursprünglich vom Kap in Südafrika. Der weisse Wein ist aus Madeira-Trauben. Wenn die Weine erst einmal ein gewisses Alter haben und gelagert werden, wird auch die Qualität noch besser werden und später wird Amerika sogar einmal ohne importierten Wein auskommen können.» Tatsächlich nahm die Weinproduktion in Vevay stetig zu: 1808 wurden im Weinberg 800 Gallonen Wein produziert, 1809 1200 Gallonen und zwei Jahre später bereits das Doppelte. Im Jahre 1818 kelterten die Winzerfamilien 7000 und in Spitzenzeiten sogar bis zu 12’000 Gallonen Wein. Damit gelang in Vevay, Indiana, die erste erfolgreiche Weinproduktion in Amerika.
Die Weinindustrie in Vevay konnte dennoch nicht vor dem Niedergang bewahrt werden: Als 1820 in den USA die Spekulationsblase mit Landbesitz platzte, liess eine schwere Finanzkrise die Märkte einbrechen. Weinanbau rentierte nicht mehr, Whisky wurde billiger.
Geblieben ist auch das Buch «The American Vine-Dresser’s Guide. Cultivation of the Vine and the Process of Wine Making in the United States», das John James ein Jahr vor seinem Tod publiziert hatte. Und, irgendwo im Dickicht oberhalb des Ohio Rivers, auf dem 1802 erworbenen Landstück, soll sich ein Grabstein verbergen. Der Grabstein von John James Dufour, gestorben am 9. Februar 1827.


