
Von «Kesselbad» und «Hölle»…
Die Heilbäder von Baden im Aargau empfingen im Mittelalter und der frühen Neuzeit zahlreiche hochrangige Badegäste. Ihnen standen exklusive Bäder und Baderäume mit besonderen Annehmlichkeiten zur Verfügung. Einige davon sind heute noch erhalten.
Bei den neu gefassten Quellen entstanden Badebecken. Sie lagen womöglich zunächst unter freiem Himmel, wurden aber bald mit pavillonartigen Badehäusern überbaut. Die Badehäuser boten den Badenden Schutz vor der Witterung und erlaubten auch eine gewisse Absonderung. Neben den Badeanlagen befanden sich erste, anfangs wohl verhältnismässig einfache Unterkünfte.
1553 beschreibt der Zürcher Universalgelehrte Conrad Gessner im von Tommaso Di Giunta in Venedig gedruckten Bädercompendium «De Balneis» einen solchen Baderaum im Badener Gasthaus und späteren Hotel Ochsen. Gessner nennt den Baderaum, zu welchem man über mehrere Treppen in einen Keller hinuntersteigen müsse, «Hölle». Was Gessner nicht erwähnt: die in der «Hölle» entspringende und das dortige Bad speisende Quelle heisst, wie es einer lebensspendenden Heilquelle geziemt, Paradiesquelle!


Der Baderaum geht auf ein im 13. Jahrhundert vermutlich an Stelle eines älteren Vorgängers erbautes Badehaus zurück. In diesem lag ein von der Paradiesquelle gespeistes Gemeinschaftsbad. Das trapezförmige, gegen den steilen Abhang gebaute, Badehaus öffnete sich einst mit drei frühgotischen Tuffsteinbögen zu einem Hof oder dem damals womöglich damals grösseren Bäderplatz (dem heutigen Kurplatz). Durch einen Torbogen konnte ein über dem Bad liegender Balkon betreten werden. Womöglich war dies eine der Gallerien, wie sie bereits 1416 vom Florentiner Humanisten Giovanni Francesco Poggio Bracciolini beschrieben wurden.
Vermutlich handelt es sich beim Badehaus über der Paradiesquelle um das in verschiedenen Urkunden im 14. Jahrhundert als habsburgisches Erblehen beschriebene, auserwählten Badegästen vorbehaltene «Beschlossene Bad» (balneum clausum).
Das «Kesselbad» und das Badehaus im «Ochsen» illustrieren anschaulich die Entwicklung der Badeinfrastruktur in den Badasthöfen, Gasthäusern und Hotels vom Hochmittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Sie sind nördlich der Alpen einzigartige Zeugen der Badener Bädergeschichte und der europäischen Badekultur.


