
Die vergessene Weltmeisterin
Kaum jemand weiss heute noch, dass eine junge Zürcherin 1947 die erste Weltmeisterin im Rollschuhkunstlaufen wurde. Höchste Zeit also, die Vergangenheit von Ursula Wehrli aufzurollen.


Die Herausgeber des Rollschuh-Magazins «American Skater» setzten Wehrli im November 1947, nur einige Wochen vor der WM, bewusst (und vielleicht etwas provokant) auf die Titelseite. Das Magazin schwärmte von der «beautiful Ursula Wehrli», der schönen Ursula Wehrli. «Her figures are large and well patterned and her free skating is a magnet to lovers of fine skating.» (Ihre Figuren sind gross und gut strukturiert und ihre Kür ist ein Magnet für Liebhaber von elegantem Rollschuhlaufen). Vor allem ihre Fähigkeiten in der Luft wurden gelobt.
Die Zeitung «Daily News» machte aus einem gleich vier EM-Titel: «The European Champ for four stright years, she arrived here via Pan American clipper.» Und aus Ursula Wehrli wurde eine Sportlerin namens Ursuala Wewrili ...
Mit dem Sport hatte die Achtjährige 1937 beim Rollerclub Zürich begonnen. Weil Ursulas Mutter unter Herzproblemen litt, ging die Familie oft an der frischen Luft spazieren. Auf einer solchen Tour beobachtete die kleine Ursula ein Paar, das zu einer Melodie tanzte. Doch es war nicht ein normaler Tanz, es waren Pirouetten auf «fahrenden Schuhen»! Diese Eleganz, diese Leichtigkeit... Das Bild des rollschuhfahrenden Paars liess die kleine Ursula nicht mehr los und ihr war sofort klar: «Das will ich auch!» Schliesslich gab Vater Jean Wehrli nach. Der ehemalige Kunstturner und talentierte Eiskunstläufer erfüllte seiner Tochter den Wunsch und Ursula konnte mit dem Rollschuhlaufen beginnen.


Schweizer Wochenschau vom 10. Januar 1947. Schweizerisches Bundesarchiv


Nur einen Wunsch konnte sich die Zürcherin für «ihren Sport» nicht erfüllen: Das Rollschuhkunstlaufen als olympische Disziplin zu etablieren. In einem Interview mit der Zeitung «Sport» betonte sie, dass sie hoffe, diese Disziplin werde bereits 1948 an den olympischen Spielen in London unter den ständigen Sportarten figurieren. Dies ist bis heute nicht der Fall. Daran haben auch die sensationellen Leistungen von Ursula Wehrli nichts ändern können.


