Dieser Fingerring symbolisiert die Loyalität der Trägerin oder des Trägers gegenüber Maria I. von Schottland – auch bekannt als Maria Stuart.
Dieser Fingerring symbolisiert die Loyalität der Trägerin oder des Trägers gegenüber Maria I. von Schottland – auch bekannt als Maria Stuart. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch / Wikimedia

Geheime Unterstüt­zung für Maria Stuart

Ringe können mehr sein als nur Zierde, Ausdruck persönlicher Empfindungen oder Statussymbol – sie können auch die Verbindung mit einer politischen Angelegenheit verschleiern oder offenlegen. In einigen Fällen hatten solche Verbindungen potenziell gefährliche Folgen, bis hin zum Tod.

Beatriz Chadour-Sampson

Beatriz Chadour-Sampson

International anerkannte Schmuckhistorikerin aus England. Ihre Publikationen reichen von der Antike bis in die Gegenwart, wie beispielsweise 2000 Fingerringe der Alice und Louis Koch Sammlung, Schweiz (1994), für die sie als Beraterin des Schweizerischen Nationalmuseums tätig ist.

Ein Beispiel für ein solches Schmuckstück ist ein nicht veröffentlichter Goldring aus der Zeit von Maria I. von Schottland – auch bekannt als Maria Stuart oder Maria, Königin von Schottland (1542-1587). Maria Stuart regierte Schottland von 1542 bis zu ihrer erzwungenen Abdankung im Jahr 1567. Ihr Leben war von Tragödien und Betrug gezeichnet. Auf den ersten Blick scheint es sich um einen mit Akanthusblättern verzierten Siegelring mit einem Familienwappen zu handeln. Bei näherer Betrachtung jedoch erkennt man das auf der herzförmigen Fassung eingravierte Schild als schottisches Königswappen und wenn der Ring abgenommen wird, offenbart eine Inschrift die Loyalität des Trägers gegenüber der schottischen Königin. Die Gravur auf der Innenseite lautet: «MARIA RÑA NOSTRA» (Maria, unsere Königin).
Fingerring mit Herz, Wappen und Inschrift, um 1560-1580
Fingerring mit Herz, Wappen und Inschrift, um 1560-1580. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Königliches Wappen von Schottland bis 1603.
Königliches Wappen von Schottland bis 1603. Wikimedia
Dieser Ring stammt aus einer Zeit in der Geschichte Schottlands und Englands, die die religiöse und politische Auseinandersetzung zwischen den beiden Ländern über Jahrhunderte hinweg geprägt hat. Nach dem Beginn der Reformation im Jahr 1517 wurde Nordeuropa von Religionskriegen erschüttert. Der englische König Heinrich VIII. brach mit der römisch-katholischen Kirche und errichtete eine neue Kirche. Dies löste nicht nur einen Konflikt mit den Anhängern des Katholizismus in England, sondern auch mit der katholischen Monarchie in Schottland aus – einem damals unabhängigen Königreich mit einer langen Kriegsgeschichte gegen England. Maria wurde nach dem Tod ihres Vaters Jakob V. von Schottland kurz nach ihrer Geburt 1542 zur Königin ernannt, als sie gerade sechs Tage alt war. Zum Schutz vor den einfallenden Engländern wurde sie mit sechs Jahren von ihrer französischen Mutter und Regentin von Schottland, Marie de Guise (1515-1560), ins katholische Frankreich geschickt. Sie wurde die Verlobte von Franz, dem Dauphin Frankreichs. 1558 fand die Hochzeit statt und 1559 wurde er König von Frankreich. Nach seinem frühen Tod im Jahr 1560 jedoch kehrte Maria 1561 in das von Unruhen beherrschte Schottland zurück.
Maria Stuart und ihr Ehemann, Franz II. König von Frankreich. Miniatur aus Catherine de' Medicis Stundenbuch, um 1573.
Maria Stuart und ihr Ehemann, Franz II. König von Frankreich. Miniatur aus Catherine de' Medicis Stundenbuch, um 1573. Bibliothèque Nationale de France / Wikimedia
Während ihrer Abwesenheit hatte Schottland ebenfalls eine Reformation durchlaufen – infolgedessen regte sich Widerstand gegen Maria, denn ihre Herrschaft als katholische Monarchin über ein protestantisches Land führte zu grossen Spannungen. Zwei Ehen in rascher Abfolge besiegelten ihr Schicksal. Zunächst heiratete sie 1565 ihren englischen Halbcousin Henry Stuart Darnley und bekam mit ihm einen Sohn, James. Darnley hinterging sie, indem er sich mit protestantischen Angehörigen des schottischen Adels verbündete, und wurde schliesslich 1567 ermordet. Daraufhin heiratete Maria binnen weniger Monate nach Darnleys Tod James Hepburn, 4. Earl of Bothwell, einen katholischen Adeligen, der des Mordes an Darnley angeklagt, jedoch freigesprochen worden war. Im selben Jahr wurde Maria nach einem Staatsstreich im Schloss Lochleven gefangen genommen. Sie konnte fliehen, hatte jedoch zugunsten ihres einjährigen Sohnes James abdanken müssen, der infolgedessen unter dem Namen Jakob VI. König von Schottland wurde. Sie sah ihn nie wieder. Nachdem sie erfolglos versucht hatte, den schottischen Thron zurückzuerlangen, floh sie ins südliche England und hoffte auf den Schutz ihrer Cousine Königin Elisabeth I., doch stattdessen wurde sie 19 Jahre lang eingesperrt und 1587 schliesslich wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und hingerichtet. Elisabeths Berater hatten befürchtet, Maria könnte ihren Anspruch auf den englischen Thron geltend machen und – als ergebene Katholikin – die römisch-katholische Kirche erneut etablieren. Ironischerweise wurde Marias protestantisch erzogener Sohn, Jakob VI., nachdem Elisabeth 1603 kinderlos gestorben war, Thronfolger und regierte als Jakob I. und VI., König von England, Irland und Schottland, bis zu seinem Tod im Jahr 1625.
Maria Stuart, um 1558, in einem Porträt nach François Clouet.
Maria Stuart, um 1558, in einem Porträt nach François Clouet. Royal Collection / Wikimedia
Wahrscheinlich wurde dieser Ring als Zeichen der Gefolgschaftstreue gegenüber Maria von 1561 bis 1567 getragen, als sie noch Königin von Schottland war. Dennoch könnte die verborgene Inschrift auch darauf hinweisen, dass der Ring in der Zeit nach ihrer Flucht nach England und vor ihrem Tod im Jahr 1587 hergestellt wurde, da eine offene Unterstützung Marias zu der Zeit gefährlich war. Religiöse und politische Aufstände hatten sowohl ihre Herrschaft in Schottland vereitelt als auch ihre Sicherheit als Gefangene der englischen Krone gefährdet.
Penicuik Jewels
Nur wenige Schmuckstücke, darunter auch Schmuckstücke mit Marias Abbild und dem Abbild ihres Sohnes, die Einschätzungen zufolge einst Maria selbst gehörten oder an ein Mitglied des Königshauses weitergegeben wurden, sind heute noch erhalten, wie etwa die «Penicuik Jewels» im National Museum of Scotland. National Museum of Scotland
Ein anderer Ring, der weniger als zwei Jahrhunderte später hergestellt wurde, greift diesen uralten Konflikt auf, doch im Gegensatz zum älteren Ring wird die Verbundenheit zum Katholizismus der Stuarts offen gezeigt. Der Ring stammt aus der Zeit vor 1745 und trägt die lateinische Inschrift «QUAERIT PATRIA CAESAREM» («Das Land sucht seinen Cäsar»), mit der die Wiedereinsetzung des Hauses Stuart in die englische, irische und schottische Krone gefordert wird, und insbesondere die Anerkennung von James Francis Edward Stuart, dem katholischen Sohn des verbannten Königs Jakob II., als rechtmässiger Erbe und König Jakob III. und VIII. Die blaue Emaille des Rings gleicht dem Band des Hosenbandordens, doch an der Stelle des Hosenband-Motivs befindet sich eine weisse Rose, das Symbol der Jakobiter, wie sich die Anhänger von Jakob II. und James Stuart nannten. Jakob II. hatte den Thron nach dem Tod seines Bruders Karl II. ab 1685 übernommen, war jedoch als konvertierter, ergebener Katholik höchst unbeliebt bei seinen protestantischen Untertanen. Als sein Sohn, James Stuart, 1688 geboren wurde, brachen anti-katholische Unruhen und die Angst im Parlament aus, dass sich eine römisch-katholische Dynastie festsetzen könnte. Im selben Jahr fand die «Glorious Revolution» statt, Jakob II. wurde abgesetzt und nach Frankreich ins Exil geschickt, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1701 blieb. Die Krone wurde an eine protestantische Thronerbenfolge ausserhalb des Herrscherhauses Stuart weitergegeben. Während des Jakobitenaufstands von 1715 versuchte James Stuart – später «Old Pretender» (alter Anwärter) genannt – ohne Erfolg, dem hannoveranischen König Georg I. den Thron abzuringen. James’ ältester Sohn Charles Edward Stuart mit dem Übernamen «Young Pretender» (junger Anwärter) versuchte es im August 1745 erneut.
Fingerring mit Rose und Inschrift, 1745.
Fingerring mit Rose und Inschrift, 1745. Schweizerisches Nationalmuseum / Sammlung Alice und Louis Koch
Der englisch-schottische Konflikt, das unglückselige Leben Maria Stuarts und die Jakobitenbewegung riefen starke Emotionen und leidenschaftliche Ergebenheit hervor. Die erhaltenen Erinnerungsstücke und politisch geprägten Schmuckstücke lassen diese turbulenten Jahrhunderte wieder aufleben – eine Zeit, um die sich auch heute noch viele romantisierende Romane, Theaterstücke und Filme drehen.
Der «Old Pretender» James Francis Edward Stuart, um 1720.
Der «Old Pretender» James Francis Edward Stuart, um 1720. Wikimedia

Die Sammlung

Die Ausstellung zeigt über 7000 Exponate aus der eigenen Sammlung und beleuchtet das handwerkliche und kunsthandwerkliche Schaffen der Schweiz über einen Zeitraum von rund 1000 Jahren. Die Ausstellungsräume sind ebenfalls wichtige Zeitzeugen und verbinden sich mit den Objekten zu einer historisch dichten Atmosphäre, die ein tiefes Eintauchen in die Vergangenheit erlaubt.

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