
Dieser starb am Gartenzaun, jener auf der Türschwelle
Ein Streit zwischen zwei ehemaligen Freunden aus dem Solothurner Patriziat wurde beiden Kontrahenten zum Verhängnis und stürzte eine Mutter in heillose Verzweiflung.
Bei diesem Unglücklichen handelte es sich um den Solothurner Peter Julius von Sury (1689-1729), Sprössling einer regimentsfähigen Familie der Aarestadt, Hauptmann in französischen Diensten und Ritter des Ludwigsordens. Das Haus, welches von Sury an diesem verhängnisvollen Herbstsonntag aufgesucht hatte, wurde von Gertrud von Besenval, einer gebürtigen von Sury, bewohnt. Den umstehenden Zeugen des Vorfalls an jenem Sonntag war klar, was sich hier abgespielt hatte. Peter Julius von Sury wollte Gertrud von Besenval um Vergebung bitten. Vergebung für den Tod ihres Sohnes vor sechs Jahren.
Was war geschehen?
Dieser könnte wohl schweigen! Er gehöre von Rechts wegen gar nicht hierher und sei es nicht wert, dass er den Degen an der Seite trage.
Du Hundsfott!
Die Nachricht vom tödlichen Streit machte blitzschnell die Runde. Noch am selben Nachmittag befahl der Solothurner Rat, sofort Erkundigungen einzuziehen und sämtliche Involvierte in Arrest zu legen. Um 15 Uhr war der Rat bereits in Kenntnis gesetzt worden, dass sich Peter Julius von Sury dem Gesetz durch Flucht entzogen hatte.
Die strengen Verbote Solothurns zur Unterbindung von Duellen oder Ehrenkämpfen konnte auch zur Folge haben, dass im Zweikampf Getöteten die letzte Ruhe in geweihter Erde bis nach erfolgten Untersuchungen versagt werden konnte. Als der Rat jedoch erfahren hatte, dass Anton Besenval vor seinem Ableben Reue gezeigt und die Sterbesakramente erhalten habe, gab man der Familie den Toten für eine christliche Bestattung frei. Der tote Besenval wurde jedoch, bevor der Entschluss des Rates bekannt war, heimlich aus dem Kapuzinerkloster abtransportiert und in einem Wäldchen nahe des Familienschlosses der Besenval, dem Schloss Waldegg, versteckt und bewacht. So sollte die Leiche entehrenden Prozessen und Untersuchungen der Obrigkeit entzogen und näher zu seiner Familie gebracht werden. Zwei Tage später wurde der Leichnam Peter Josef Anton Besenvals vom Familiengrundstück zur nahen Pfarrkirche St. Niklaus gebracht und dort zur letzten Ruhe gebettet. Gertrud von Besenval, die untröstliche Mutter des jungen Verstorbenen, gab ihm ebenfalls das Totengeleit, wie es die schwer geprüfte Frau bereits für ihren Mann und drei weitere Söhne tun musste. Als ihr während des Trauerzuges Gerüchte zu Ohren kamen, dass sich im Sarg nicht die Leiche ihres Sohnes befinden soll, verlangte sie vor der Bestattung, dass der Sarg geöffnet werde. Als sie jedoch ihres toten Kindes gewahr wurde, fiel sie vor der Trauergemeinde über den Leichnam hin und drückte ihren Sohn zum letzten Mal an ihr Herz.

Verbannt nach St. Gallen
Ein steinernes Bildkreuz in der Solothurner Greibengasse erinnert heute noch an den Ort des Zweikampfs. Ein im Kreuz einstmals eingelassenes, kleines Bildchen zeigte die «Mater Dolorosa», Maria als Schmerzensmutter, das Herz von sieben Klingen durchbohrt. Darunter, zwischen den Wappenschilden der Familien Besenval und Sury stand in Latein geschrieben: «In Erinnerung an den 17. April 1723».


