
«So ein schönes Buch habe ich noch nie gelesen!»
Im Nachlass von Lisa Tetzner und Kurt Kläber befinden sich Briefe ihrer jugendlichen Leserschaft. Die Fanpost zeigt, wie die Bücher das Publikum bewegt haben.
Vor mehr als 80 Jahren schrieben das Autorenpaar Lisa Tetzner und Kurt Kläber (unter dessen Pseudonym Kurt Held) Klassiker der Jugendliteratur, mit denen sie die Schweizer Leselandschaft prägten: Das gilt vor allem für ihren historischen Roman Die Schwarzen Brüder (1940/41), in dem sie das Schicksal der Tessiner Kaminfegerkinder aufgreifen. Kurt Kläbers Die rote Zora und ihre Bande (1941) entwickelte sich schliesslich zum Welterfolg. Übersetzt in 18 Sprachen folgten zahlreiche Film-, Fernseh-, Hörspiel- und Theaterproduktionen, von denen vor allem die deutsch-schweizerisch-kroatische Fernsehserie von 1979 im Gedächtnis bleibt. Lisa Tetzner hatte sich noch vor ihrer Emigration in die Schweiz 1933 in Deutschland als Märchenerzählerin etabliert. Ihr erfolgreichstes Werk schuf sie mit ihrem neunbändigen Romanzyklus Die Kinder aus der Nr. 67 (1933–1949), der die Auswirkungen des Nationalsozialismus auf das Leben von jungen Menschen beschreibt.
In ihrem Roman Die Schwarzen Brüder befassen sich Lisa Tetzner und Kurt Kläber – aus politischen Gründen konnte der Roman nur unter Lisa Tetzners Namen erscheinen – mit der historischen Aufarbeitung der Spazzacamini: der Versklavung von Verdingbuben während des 19. und 20. Jahrhunderts, die von ihren durch Armut gebeutelten Familien nach Norditalien geschickt wurden, um als Kaminfeger zu arbeiten. Die Geschichte ist charakteristisch für die sozialkritischen Ambitionen des Schriftstellerpaars, die allerdings nicht unbedingt den Vorstellungen der pädagogischen Jugendschriftenkommissionen ihrer Zeit entsprachen. «Man muss unseren Kindern nur sympathische, gute, soziale Menschen zeigen», kritisierte einst Kläber die Meinung seines Lektors, dem das Manuskript missfiel. Kläber wollte seine Leserinnen und Leser aber nicht vor den Missständen der realen Welt bewahren, sondern sie auf den Punkt bringen und eine bessere Welt schaffen: «Nein, ich konnte es nicht und brach den Verkehr mit diesem Narren ab.» Eine folgenreiche Entscheidung. Ein neuer Verlag wurde gefunden und das Interesse der Kinder geweckt: «Ich kann es immer nicht erfassen», schreibt 1942 ein Leser, «dass es so Leute gibt, die so schöne Bücher schreiben können. Dies Buch ist das schönste, das ich bis jetzt gehört habe».


«Ich habe das Buch beinahe aufgegessen», hiesst es einst in einem Brief. Inzwischen sind Lisa Tetzner (1894–1963) und Kurt Kläber (1897–1959) seit über 60 Jahren verstorben. Schade, dass sie keine Fanpost mehr erhalten können...


