
Schweizerinnen und Schweizer auf der Titanic
Mehr als ein Jahrhundert nach ihrem Untergang ist die Titanic noch immer im kollektiven Gedächtnis verankert. Die Geschichten des Schweizer Personals und der Passagiere der Titanic werfen ein Schlaglicht auf eine maritime Katastrophe und eine Ära gewaltigen Wandels.
Das erste von drei neuen Schiffen, die Olympic, wurde 1910 vom Stapel gelassen und trat 1911 seine Jungfernfahrt an. Als grösstes Schiff der Welt und erstes Schiff einer neuen Klasse von Superlinern war die Olympic ein Wunderwerk, das internationale Anerkennung fand. Von den exquisiten Kabinen der ersten Klasse bis hin zum Fitnessraum, einem Veranda-Café und Palm Court – die Olympic begeisterte die Reisenden. Auch die Unterkünfte der zweiten und dritten Klasse der Olympic wurden ausgezeichnet.


Das Schweizer Personal der Titanic
Wie Emma war auch Adolf Mattmann auf die Zukunft fokussiert. Adolf wurde in Inwil (LU) geboren und absolvierte eine Ausbildung zum Konditor in der bekannten Konditorei Karl Häberle in Luzern. Adolf sprach fliessend Französisch, Deutsch und Englisch und glaubte, dass er seine Talente im Ausland besser nutzen und höhere Löhne erzielen könne. Er wanderte 1911 nach England aus und erhielt einen Arbeitsvertrag auf der Olympic. Im April 1912 wechselte Adolf dann auf die Titanic, wo er als «Glacier», also in der Eisherstellung arbeitete. Doch der neue Vertrag war für ihn nur eine Zwischenlösung. Sein langfristiges Ziel war es, in einem Grand Hotel in London zu arbeiten; nur wenige Wochen vor der Abfahrt der Titanic wurde er von einem solchen eingestellt.
Die Schweizer Passagiere der u003cemu003eTitanicu003c/emu003e
Die Frölicher-Stehlis waren befreundet mit zwei prominenten Basler Passagieren, die ebenfalls in der ersten Klasse reisten: Alfons Simonius-Blumer und Max Staehelin. Alfons begann seine Karriere als Oberst in der Schweizer Armee und wurde später angesehener Präsident des Schweizerischen Bankvereins. Er reiste mit Max, einem Finanzanwalt und Direktor der Schweizerischen Treuhandgesellschaft, nach New York. Während der Reise trafen sie sich mit ihren Freunden, den Frölicher-Stehlis, im Café Parisien und im Raucherzimmer der ersten Klasse und diskutierten über ihre Geschäftsinteressen in den Vereinigten Staaten.


Josef Arnold und seine Frau Josefine Franchi aus Altdorf (UR) wollten mit der Überfahrt in der dritten Klasse in die Vereinigten Staaten auswandern. Verwandte in Wisconsin hatten die Fahrkarten bezahlt. Sie freuten sich auf den Start in ein neues Leben im Mittleren Westen der USA, mussten aber ihren kleinen Sohn in Kanton Uri zurücklassen. Ihre Cousine Aloisia Haas, ebenfalls aus Altdorf (UR), begleitete sie, doch ihr Ziel war Chicago. Sie hatte schon lange vom Leben in der damals zweitgrössten Stadt der Vereinigten Staaten geträumt.
Eine denkwürdige Nacht
Die Frölicher-Stehlis begutachteten die Situation und entschieden sich, in das Rettungsboot Nr. 5 zu steigen, das gegen 00:45 Uhr zu Wasser gelassen wurde. Kurz darauf gingen Alfons Simonius-Blumer und Max Staehelin in das Rettungsboot Nr. 3. Emma Sägesser stieg gegen 01:30 Uhr mit der verzweifelten Ninette Aubart in das Rettungsboot Nr. 9. Als ihr Rettungsboot in den Atlantik hinabtauchte, verabschiedete sich Benjamin Guggenheim in fliessendem Deutsch von Emma. Bertha Lehmann kämpfte gegen die immer grösser werdende Menschenmenge an und entkam mit anderen Frauen der zweiten Klasse im Rettungsboot Nr. 12, das gegen 01:30 Uhr nachts zu Wasser gelassen wurde. Marie-Marthe Jerwan war so klug, sich warm anzuziehen und eine kleine Tasche mit lebenswichtigen Dingen zu packen, bevor sie um 01:35 Uhr in das Rettungsboot Nr. 11 stieg. Zu diesem Zeitpunkt war fast die Hälfte der Rettungsboote verschwunden und kein Rettungsschiff in Sicht.
Interview über die Schiffskatastrophe mit der Überlebenden Emma Arnold-Sägesser am 14. April 1937 auf Radio Beromünster. SRF
Seine Reise ist beendet. Er hat den Ort erreicht, zu dem er aufgebrochen ist. Aber kein rotwangiger (Schweizer) Junge wird seinen Reichtum an Energie und Arbeit in die Industrie von Beloit einbringen. Stattdessen markiert ein kleiner Hügel auf dem städtischen Friedhof die Vollendung seiner Lebenshoffnungen und erinnert die Einwohner von Beloit an die grosse Tragödie auf dem Meer, die die gesamte Zivilisation der Gegenwart erschütterte und als eine der grössten Katastrophen aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird.
Historikerinnen und Historiker stellen treffend fest, dass der Untergang der Titanic den Niedergang der Belle Époque in Europa und des Edwardianischen Zeitalters in Grossbritannien einläutete. Ironischerweise war es jedoch eine andere Schiffskatastrophe, die das Ende dieser Epoche markierte. Es war der Untergang des Schiffes, das während des «langen edwardianischen Sommers» den Ton für den Prunk auf See angab: die Lusitania.


