Die Schlacht von Malplaquet, 1709, Kopie nach Jan van Huchtenburghnach.
Die Schlacht von Malplaquet, 1709, Kopie nach Jan van Huchtenburghnach. Royal Collection Trust

Die Schlacht von Malplaquet

Die Schlacht von Malplaquet, die am 11. September 1709 auf dem Höhepunkt des Spanischen Erbfolgekriegs im heutigen Belgien stattfand, war mit über 22’000 Toten und Verwundeten die blutigste Schlacht des 18. Jahrhunderts. Schweizer Söldner standen sich auf dem Schlachtfeld gegenüber. 8000 von ihnen kamen ums Leben.

James Blake Wiener

James Blake Wiener

James Blake Wiener ist Historiker, Mitbegründer der World History Encyclopedia, Autor und PR-Spezialist, der in Europa und Nordamerika als Dozent tätig ist.

Der Auslöser für den Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) war der Tod des kinderlosen Karl II. von Spanien. Karls Erbe hätte sein Grossneffe, Joseph Ferdinand von Bayern, sein sollen – doch dieser starb 1699 unter mysteriösen Umständen. Nächster Anwärter auf den spanischen Thron war der älteste überlebende Sohn Ludwigs XIV. von Frankreich, Prinz Ludwig, der «Grand Dauphin». Die Herrscher Frankreichs, Grossbritanniens und der Niederlande kamen jedoch überein, dass Erzherzog Karl von Österreich der geeignetste alternative Kandidat für den spanischen Thron wäre, um das Gleichgewicht der Kräfte in Europa zu sichern. Karl II. ging zunächst auf diese Forderung ein, widerrief jedoch kurz vor seinem Tod sein Testament auf Betreiben des frankophilen Kardinal-Erzbischofs von Toledo. Der jugendliche Enkel Ludwigs XIV., Philipp von Anjou, sollte nach dem neuen Testament Karls II. die spanische Krone erben.
Um sein Erbe stritten sich die Franzosen mit dem Rest Europas: König Karl II. von Spanien.
Um sein Erbe stritten sich die Franzosen mit dem Rest Europas: König Karl II. von Spanien. Wikimedia
Philipp V, um 1700. Seine Proklamation zum König von Spanien löste den Spanischen Erbfolgekrieg aus. Gemälde von Hyacinthe Rigaud.
Philipp V, um 1700. Seine Proklamation zum König von Spanien löste den Spanischen Erbfolgekrieg aus. Gemälde von Hyacinthe Rigaud. Wikimedia
Philipps Gegenkandidat der Erzherzog Karl von Österreich, späterer Kaiser Karl VI, in jungen Jahren.
Philipps Gegenkandidat der Erzherzog Karl von Österreich, späterer Kaiser Karl VI, in jungen Jahren. Wikimedia
Am 16. November 1700 proklamierten die Spanier den jungen Philipp zum König – zum Entsetzen vieler in ganz Europa. Obwohl Spanien nicht mehr die überragende Macht war, die es ein Jahrhundert zuvor gewesen war, blieb das spanische Königreich kolossal, denn die spanischen Niederlande, ein Grossteil Italiens und Amerikas sowie die Philippinen erkannten weiterhin die spanische Oberhoheit an. Frankreichs Dominanz über Spanien und dessen Kolonien wäre eine unmittelbare Bedrohung für die internationalen und wirtschaftlichen Interessen Grossbritanniens, der Niederländischen Republik und Österreichs gewesen. Die Tatsache, dass Philipp von Anjou und seine Erben keinen Anspruch auf den französischen Thron hatten, trug wenig dazu bei, die Bedenken zu zerstreuen. Der Spanische Erbfolgekrieg begann am 9. Juli 1701, nachdem es der Diplomatie nicht gelungen war, die Frage zu lösen, ob ein französischer oder ein österreichischer Kandidat den spanischen Thron besteigen würde.

Es gibt wenig, was einem Mann widerste­hen kann, der sich selbst besiegen kann.

Ludwig XIV.
Ludwig XIV. im Porträt von Hyacinthe Rigaud, 1701.
Dieses ikonische Porträt von Ludwig XIV entstand um 1701, am Beginn des Spanischen Erbfolgekriegs. Wikimedia

Vorspiel zu einer blutigen Schlacht

Obwohl während des Spanischen Erbfolgekriegs Tausende von Schweizer Söldnern in verschiedenen europäischen Armeen dienten, blieb die Eidgenossenschaft scheinbar neutral, während Europa im Chaos versank. Grossbritannien, Österreich und die Niederlande bemühten sich, eine Grosse Allianz gegen Frankreich und Spanien zu bilden. 1702 schlossen sich weitere Staaten – Portugal, Savoyen und Preussen – der Allianz an. Unter der Führung der brillantesten Generäle und Strategen der damaligen Zeit, John Churchill, Erster Herzog von Marlborough und Prinz Eugen von Savoyen, errang die Grosse Allianz gefeierte Siege bei Blenheim (1704), Gibraltar (1704), Ramillies (1706), Oudenarde (1708) und Menorca (1708). Aufgrund der ständigen Kriegstreiberei Ludwigs XIV., der Vertreibung der Hugenotten und der aggressiven merkantilistischen Politik Frankreichs in den Jahrzehnten vor dem Konflikt herrschte auf dem gesamten Kontinent eine starke antifranzösische Stimmung. Während Bayern Frankreich von 1701 bis 1704 unterstützt hatte, gelang es Ludwig XIV. nicht, einen weiteren kontinentalen Verbündeten für seine Sache zu gewinnen. Schweden, Dänemark, das kaiserliche Russland, Sachsen und die Polnisch-Litauische Gemeinschaft waren zudem in den Grossen Nordischen Krieg (1700-1721) verwickelt und daher nicht in der Lage, Unterstützung zu gewähren. Dennoch blieb Frankreich aufgrund seiner umfangreichen Einkünfte und seiner beneidenswerten geografischen Lage die mächtigste Nation in Europa. Die Franzosen verfügten über genügend militärische Macht, um ihre Grenzen und politischen Interessen in Spanien zu verteidigen, und errangen selbst beeindruckende Siege in Nizza (1706), Almansa (1707), Toulon (1707) und Alicante (1709).
Die Schlacht von Almansa, gemalt von Ricardo Balaca, um 1862, gilt als eine der entschiedensten Schlachten des Spanischen Erbfolgekriegs.
Die Schlacht von Almansa, gemalt von Ricardo Balaca, um 1862, gilt als eine der entschiedensten Schlachten des Spanischen Erbfolgekriegs. Museo del Prado
Der Winter 1708 war der wohl kälteste seit rund 500 Jahren: Frankreich stand vor der zweifachen Bedrohung einer Hungersnot und eines Bankrotts. Ludwig XIV. beschloss daher, die diplomatischen Verhandlungen mit der Grossen Allianz wieder aufzunehmen. Die diktierten Friedensbedingungen waren hart: Philipp von Anjou musste zugunsten von Erzherzog Karl auf den spanischen Thron verzichten, und Ludwig XIV. musste die Zustimmung seines Enkels notfalls mit Gewalt erzwingen. Ludwig XIV. lehnte dies ab – der Gedanke, gegen seinen Enkel Krieg führen zu müssen, war zu schwer zu ertragen. Also nahmen die Franzosen die militärischen Operationen wieder auf. Im Laufe des Sommers 1709 setzten die Armeen der Grossen Allianz, begleitet von Schweizer Regimentern im Dienste der Niederländer, Frankreich unter erheblichen Druck und versuchten, eine Reihe von streng bewachten Festungen entlang der französischen Nordgrenze zu durchbrechen. Marlborough nahm Anfang September 1709 die scheinbar uneinnehmbare Festung und Garnison von Tournai ein, allerdings auf Kosten von 5000 seiner Soldaten. Ludwig XIV. war wütend, als er erfuhr, dass Marlborough nicht nur Tournai eingenommen hatte, sondern auch in Richtung Mons vorrückte. Er befahl Marschall Claude de Villars, die Stadt um jeden Preis zu verteidigen.

Ich fand die Truppen in einem beklagens­wer­ten Zustand vor – ohne Kleidung, ohne Waffen und ohne Brot.

Marschall Claude de Villars über den Zustand der französischen Armee im Jahr 1709.

Die Schweizer in der Schlacht von Malplaquet

De Villars und seine 90’000 Mann starke französische Armee trafen in Malplaquet, etwa 15 km südlich von Mons und 50 km westlich von Charleroi, auf eine Armee von 100’000 alliierten Soldaten aus Österreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Preussen unter dem Kommando des Herzogs von Marlborough und des Prinzen Eugen von Savoyen. Es gab zwei Bataillone der Schweizergarden, die von den Franzosen geführt wurden und aus den Kompanien Salis, Machet, Stuppa, Zurlauben, Chandieu und Pyffer bestanden. Die Schweizer Regimenter Greder, Brändle (Brendlé), Villars-Chandieu und Hans Rudolf von May dienten ebenfalls in der französischen Armee. Den niederländischen Truppen standen die Schweizer Regimenter Hirzel, Mestral, Stürler, Schmid von Grüneck, Chambrier und Gabriel von May zur Seite. Die Mehrheit der Schweizer Söldner in französischen Diensten positionierte sich in der Mitte der rechten Flanke, während die Schweizer, welche die 30 niederländischen Bataillone unterstützten, hauptsächlich in der Reserve auf der rechten Flanke konzentriert waren. Am Morgen des 11. September 1709, zwischen 7 und 8 Uhr, begann die Schlacht mit dem Artilleriefeuer der Alliierten. Entschlossen und voller Eifer, die Franzosen auf dem Schlachtfeld zu besiegen, befahlen Marlborough und Prinz Eugen der Infanterie und der Kavallerie den vollen Angriff.
Schlacht bei Malplaquet, im blutigen Getümmel kämpfen Schweizer gegen Schweizer.
Schlacht bei Malplaquet, im blutigen Getümmel kämpfen Schweizer gegen Schweizer. ETH-Bibliothek Zürich
Die Schweizer Söldner im Dienste der Niederlande fanden sich bald in direkter Konfrontation mit den Schweizer Söldnern im Dienste Frankreichs. Dies ist auf die Strategie der Alliierten zurückzuführen, die auf die rechte Flanke Frankreichs abzielte. Obwohl die Schweizer Söldner, die mit den Niederländern kämpften, versuchten, einen schnellen Vorstoss zu unternehmen, konnten die Schweizer Söldner im Dienste Frankreichs und die Schweizergarde den Angriff abwehren. Sie hielten nicht nur die Stellung, sondern kämpften erbittert. Währen der Kampf den ganzen Vormittag andauerte töteten Männer aus Bern, Basel und der Waadt ehemalige Nachbarn, Freunde und Verwandte. Der Kampf zwischen den Regimentern Brändle und von May auf der einen und Stürler und von May auf der anderen Seite entwickelte sich zu einem wahren Blutbad. Beide von May-Regimenter stammten aus Bern – und beide wollten sie ihren kriegerischen Mut beweisen. Zum menschlichen Elend kam hinzu, dass de Villars in den Stunden vor der Schlacht ein ausgeklügeltes Labyrinth aus bewachten Hindernissen, Sprengfallen und Schanzen hatte errichten lassen. Auf beiden Seiten wurde wenig Gnade gezeigt und de Villars' Gräben füllten sich bald mit den verstümmelten Leichen der Schweizer Soldaten.

Die Brüder standen vor den Brüdern… Diese Männer, die die Natur zum Schweigen brachten, näherten sich mit Wut und dachten nur daran, ihre Treue zu beweisen… Ein Wahnsinn des Gemetzels hatte den Enthusi­as­mus der Schlacht abgelöst; die Blauen [Schweizer Söldner, die für Frankreich kämpfen] und die Roten [Schweizer Söldner, die für die Holländer kämpfen] rissen die Palisaden mit ihren Stössen, im blutigen Clinch, die Gräben füllten sich mit Leichen…

Der Schweizer Historiker Paul de Vallière stellt die Schlacht von Malplaquet neu dar (Honneur et fidélité, 1940)
Marlborough und seine Truppen überwinden die gegnerischen Barrikaden in der Schlacht von Malplaquet. Gemälde von Louis Laguerre, um 1713.
Marlborough und seine Truppen überwinden die gegnerischen Barrikaden in der Schlacht von Malplaquet. Gemälde von Louis Laguerre, um 1713. Wikimedia
Der erste Angriff endete für die Niederländer mit einem Misserfolg, da sie die Franzosen gegen 10.30 Uhr nicht zum Rückzug zwingen konnten. Obwohl Marlborough und Prinz Eugen über das Gemetzel entsetzt waren, ordneten sie eine Neugruppierung und einen zweiten Überraschungsangriff auf die zentrale französische Flanke an. In dieser zweiten Phase der Schlacht waren die Schweizer Regimenter, die für die Niederländer kämpften, grösstenteils nicht am Kampf beteiligt. Diesmal gelang es den Niederländern, zusammen mit ihren deutschen Verbündeten aus Hannover, die französischen Linien zu durchbrechen. Ihre Feuerkraft verschaffte ihnen den dringend benötigten Vorteil gegen die nun vereinigten Französischen- und Schweizergarden. Die Schweizer Bataillone Brändle, von May und Greder, versuchten den Durchbruch zu verhindern, indem sie näher an die französische Artilleriebatterie heranrückten, während die alliierten und französischen Kavallerien sich in unmittelbarer Nähe bekämpften. Die französische Armee und ihre Schweizer Bataillone konnten sich nicht durchsetzen. Die Schlacht war am späten Nachmittag beendet und die Grosse Allianz errang einen Pyrrhussieg, nach mehr als sieben Stunden Blutvergiessen. Die französische Armee, die nun von Louis-François de Boufflers angeführt wurde – Villars war im Kampf verwundet worden –, zog sich mit einer beträchtlichen Anzahl überlebender Soldaten und Kanonen im Schlepptau in die Sicherheit ihrer befestigten Städte – Le Quesnoy, Valenciennes, Bavay, Maubeuge und Avesne – zurück. Die überlebenden Schweizer in französischen Diensten bewachten bei diesem Rückzug die Nachhut. Die Sorge war umsonst, denn die Armeen von Prinz Eugen und Marlborough waren zu erschöpft, um sie zu verfolgen.
Plan von der Schlacht bei Malplaquet.
Plan von der Schlacht bei Malplaquet. ETH-Bibliothek Zürich

Nachwehen und der Friede von Baden

Augenzeugen der Schlacht beschreiben den Blutzoll als unfassbar. In der Tat sind die Zahlen der Schlacht von Malplaquet erstaunlich. Auf der Grundlage von zeitgenössischen Quellen und Augenzeugenberichten gehen heutige Historiker von 8000 bis 11’000 französischen Verlusten und Verwundeten aus, während die Schätzungen für die Alliierten zwischen 18’000 und 24’000 Toten und Verwundeten liegen. Glaubt man diesen, so erlitten die Niederländer fast die Hälfte der alliierten Verluste, obwohl sie nur ein Viertel der gesamten alliierten Truppen ausmachten. Die Verluste der Eidgenossen waren ebenfalls enorm und beliefen sich auf etwa 8000 Mann.

Hat Gott vergessen, was ich alles für ihn getan habe?

Ludwig XIV., als er von der französischen Niederlage bei Malplaquet erfuhr.

Wenn es Gott gefällt, deinen Feinden noch einen solchen Sieg zu schenken, sind sie ruiniert

Angebliche Antwort des französischen Feldherrn Claude de Villars an Ludwig XIV.
Als die Nachricht von der Schlacht die Tagsatzung erreichte, löste sie grosse Empörung aus. In der ganzen Eidgenossenschaft machte sich ein Gefühl von Trauer und Schock breit angesichts der in Malplaquet erlittenen Verluste. Die Tagsatzung ergriff Massnahmen, um zu verhindern, dass Schweizer Söldner künftig im Ausland gegeneinander kämpften, doch diese hielten nur ein Jahrhundert lang. 1808 standen sich in der Schlacht von Bailén während den Napoleonischen Kriegen wieder Schweizer Söldner auf spanischer und französischer Seite gegenüber.
Tagsatzung in Baden, Radierung aus dem 18. Jahrhundert.
Tagsatzung in Baden, Radierung aus dem 18. Jahrhundert. Zentralbibliothek Zürich
Das Blutbad von Malplaquet beschleunigte das Ende der Grossen Allianz gegen Ludwig XIV. Obwohl Marlborough am 20. Oktober 1709 Mons einnehmen konnte, wurde er 1711 von Königin Anne als General entlassen. Erschöpft von den Jahren ununterbrochener Kriege begann sich die Grosse Allianz aufzulösen, und die Aushandlung eines vorteilhaften Friedens mit Frankreich wurde zur obersten Priorität der ehemaligen Mitglieder.
Abgeordnete des Badener Friedenskongresses 1714, Gemälde von Johann Rudolf Huber.
Abgeordnete des Badener Friedenskongresses 1714, Gemälde von Johann Rudolf Huber. Wikimedia
Die Schlacht von Malplaquet gehört zu den blutigsten Ereignissen der Schweizer Geschichte, trotzdem ist sie in der Schweiz eher unbekannt. Zufälligerweise fällt die Schlacht fast mit dem Jahrestag der Niederlage in der Schlacht von Marignano am 13. September 1515 zusammen. Eine weitere Ironie liegt in der Tatsache, dass der dritte in einer Reihe von Friedensverträgen, die von den Kriegsparteien zur Beendigung des Spanischen Erbfolgekriegs unterzeichnet wurden, 1714 in Baden besiegelt werden sollte. Dies war der erste internationale Vertrag, der innerhalb der Alten Eidgenossenschaft unterzeichnet wurde. Die Franzosen und Österreicher wählten Baden aufgrund seines Rufs als angenehme Kurstadt und seiner Fähigkeit, eine grosse Anzahl von Diplomaten und Generälen zu beherbergen. In Baden einigten sich die Franzosen und Österreicher auf Folgendes: Frankreich würde das Elsass und Landau behalten, aber Österreich würde den Breisgau erhalten; Österreich sollte ausserdem die Spanischen Niederlande sowie spanische Territorien in Italien erhalten; Gebiete, die früher zu Bayern und Köln gehörten, würden wiederhergestellt; und Karl VI. (früher Erzherzog und nun Kaiser des Heiligen Römischen Reiches) konnte den Titel «König von Spanien» behalten, obwohl Philipp von Anjou (jetzt als Philipp V. von Spanien) dieses Land weiterhin regieren würde.

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