
Binntal: Auf der Spur von Natur und Kultur
Seit Jahrhunderten prägen die Menschen die Landschaft. Auch in scheinbar abgelegenen Gegenden wie dem Binntal. Wie viel Kultur steckt in der Natur?
Kultur kommt in die Natur


Mit diesen Eingriffen schufen die Menschen eine naturnahe Kulturlandschaft. In solchen Landschaften ist es schwierig, Natur von Kultur zu trennen. Denn die menschliche Landnutzung erscheint natürlich. Es sind sanfte Eingriffe des Menschen, die zu einer naturnahen Kulturlandschaft führen. Aber eben, es sind Kulturlandschaften. Das Binntal ist nicht «urtümlich» oder «naturbelassen», sondern ein feingliedriges und vielfältiges Nutzungsgebiet, das die Menschen über Jahrhunderte geprägt haben.

Darf die Kultur aus der Landschaft verschwinden?
Das änderte sich erst mit der neuen Strasse von 1964. Im tödlichsten Abschnitt führt die Strasse seitdem durch einen Tunnel. Damit war das Tal erstmals ganzjährig sicher erreichbar. Die Tunneleröffnung veränderte aber auch die Wirtschaftsweise im Tal auf einen Schlag. Weil die Selbstversorgung für die Winterzeit obsolet wurde, ging die Anzahl Landwirtschaftsbetriebe sukzessive zurück. Während es 1955 noch 25 hauptberufliche Betriebe gab, sank diese Zahl nach der Tunneleröffnung bis 1994 auf fünf. Heute gibt es im Tal noch drei Bauernbetriebe.
Seit 1964 ist ein grosser Teil des Binntals unter Schutz gestellt. Um nach der Anbindung durch den Autotunnel nicht das gleiche Schicksal wie andere Berggebiete zu erleiden und die «Verstädterung» des Tals zu verhindern, beschloss die Bevölkerung den Verzicht auf Bergbahnen, Ferienhaussiedlungen, Wasserkraftnutzung und weitere Strassen. 2011 entsteht schliesslich der Landschaftspark Binntal als Regionaler Naturpark des Bundes. Mit dem Ziel Natur und Landschaft zu erhalten, soll gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung des Tals erreicht werden. Im Fokus steht dabei besonders der Tourismus. Dieser setzt stark auf die traditionelle Kulturlandschaft und dazu gehören auch die offenen Nutzungsflächen. Die Verbuschung soll deshalb so weit wie möglich verhindert werden. Mit Mäharbeiten, der Wiederaufnahme der Beweidung und Freiwilligenarbeit wird versucht, offene Flächen zu bewahren und bereits verbuschte Flächen wieder zu öffnen. Die Menschen gehen ins Feld und roden dieses, heute aber nicht mehr aus landwirtschaftlicher Notwendigkeit wie früher, sondern zur Bewahrung eines bestimmten, als ästhetisch empfundenen, menschgemachten Landschaftsbildes.




