Die letzte Freiburger Hexe
Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort. Die alte Catillon wurde 1731 als letzte Freiburger Hexe zum Tode verurteilt. Wie ihr ist es vielen ergangen. Auch in der heutigen Schweiz.
Um den Moléson tobte ein heftiger Sturm. Blitze färbten den Himmel purpurn und tauchten die Landschaft in gespenstische Farben. Bergbäche stürzten scheinbar brennend zu Tal und ein zorniger Wind fuhr durch den Wald wie durch ein Kornfeld. 1000 Bäume wurden entwurzelt, 20 Chalets hinfort getragen und unzählige Kühe in den Abgrund geschleudert. Und während die Leute verzweifelt gegen die Elemente ankämpften, erschien die alte Catillon, hoch oben am Berg, fröhlich tanzend in einem Wirbel brennender Wolken. Schreckliche Dämonen begleiteten sie und wüteten gegen den Felsen, aus dem plötzlich ein grosser Block herausbrach, der hinunterstürzte und zahlreiche Kühe unter sich begrub. So jedenfalls berichtet es Pfarrer Joseph Genoud in seinen «Légendes fribourgeoises».
Catillon selbst hätte vermutlich eine etwas andere Version erzählt, doch auf die Reden der buckligen alten Bettlerin gab man nicht viel. Catillon lebte unverheiratet mit ihrer Schwester in einem Haus in Villarvolard. Sie zog herum und bettelte auf den Alpen um Milch. Er habe ihr nichts gegeben, berichtete ein Älpler, da habe sie ihn verflucht. Und im Jahr drauf wollte die Milch partout nicht zu Käse gerinnen – trotz gesegnetem Kessel!
Religiöser Fanatismus hatte am Anfang der Verfolgungen gestanden, später machten vor allem staatliche Behörden Hexen den Prozess. Rund 60'000 Personen dürften dabei europaweit den Tod gefunden haben. Einige im «finsteren Mittelalter», weitaus mehr aber in der «aufgeklärten Neuzeit». Die Schweiz lag im Zentrum jenes Gebiets, in dem besonders viele Hexen ermordet wurden, und in der Westschweiz wütete die Verfolgung am heftigsten.
So ist es auch nicht weiter überraschend, dass hier erst 1731 letztmals Anklage wegen Hexerei erhoben wurde. Drei Befragungen lang hielt Catillon stand. Dann wurde die 68-Jährige mit 25 Kilo Gewicht an den Füssen an ein Seil gehängt und gestand: 50 Mal habe sie sich mit dem Teufel eingelassen. Dass sie bei der Folter beinahe starb, war für die Richter ein Beleg, dass der Teufel sie zu ersticken versuchte, damit sie keine Komplizen verriet. Erstickt wurde Catillon mehrere Foltern und Geständnisse später nicht vom Teufel, sondern vom Henker. Ein Gnadenakt des Freiburger Grossen Rates. So war die alte Frau bereits tot, als man ihren Körper auf dem Scheiterhaufen verbrannte.